DBG · Pressemitteilung

Wurzeln sind wie der Darm, neues Enzym entdeckt und neue Labormethode etabliert: Preise für drei Pflanzen-Forschende

Dr. Eliza Loo, Dr. Henryk Straube und Dr. Martin Lewinski (im Uhrzeigersinn, startend von oben rechts) erhalten die diesjährigen Preise für exzellente Pflanzenforschung im frühen Karrierestadium. Fotos: Linus Börnke, Denise Blume und Julieta Mateos

Für herausragende Forschungsergebnisse zeichnet die Deutsche Botanische Gesellschaft (DBG) Dr. Eliza Loo (Düsseldorf), Dr. Henryk Straube (Hannover/Kopenhagen) und Dr. Martin Lewinski (Bielefeld) aus. Wie Loo herausfand, lassen sich durch die dort siedelnden Mikroben Pflanzenwurzeln in einzelne Abschnitte unterteilen, ähnlich dem menschlichen Darm. Winzige Mengen seltener Desoxynukleotide können dank Straubes Arbeit gemessen werden, wobei er ein Nukleotid-abbauendes Enzym entdeckte. Lewinski etablierte eine Methode zur Analyse RNA-bindender Proteine in lebenden Pflanzen, was nun deren Regulationsnetzwerk erforschen lässt. Die drei werden ihre Ergebnisse im September auf der internationalen Botanik-Tagung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vorstellen, zu der sich mehr als 600 Teilnehmende angemeldet haben.

 

Weitere Fotos

Einzelbilder der drei Preistragenden und eine Grafik über die Zucker-Transporter entlang der Pflanzenwurzel:

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Wurzelmikrobiom wechselt entlang der Wurzel

Den Eduard-Strasburger-Preis der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG) erhält dieses Jahr Dr. Eliza Loo. Wie die Mikrobiologin und Pflanzenwissenschaftlerin an der Universität Düsseldorf herausfand, verteilen sich die Lebensgemeinschaften um Pflanzenwurzeln nicht gleichmäßig entlang der Wurzeln, sondern die mikrobielle Besiedlung verändert sich entlang der Pflanzenwurzel. Analog zur Wurzel kann also auch das Wurzel-Mikrobiom in verschiedene Abschnitte unterteilt werden, auch wenn sich diese Wurzelbereiche bei der Ackerschmalwand rein äußerlich nicht in einzelne Abschnitte gliedern lassen. Loo und das Team um Prof. Dr. Wolf Frommer wiesen dazu in der Fachzeitschrift Cell Host & Microbe nach, dass Mikroben die Verteilung dreier Zuckertransporter der SWEET-Familie beeinflussen und das Gleichgewicht der Stoffwechselprodukte entlang der Wurzeln aufrechterhalten. Veränderte Metabolite verändern ihrerseits die Besiedlung mit Wurzelmikroben. Solche unterschiedlichen Abschnitte erinnern an die Besiedlung im Darm von Menschen und Fruchtfliegen. Ähnlich wie die im Darm siedelnden Lebensgemeinschaften bei uns Menschen helfen die Lebensgemeinschaften auch den Pflanzen: nämlich Nährstoffe im Boden aufzuschließen, Stress zu bewältigen und die Pflanze gegen Krankheiten zu verteidigen. Loos neue Erkenntnisse werden die Pflanzenforschung voranbringen, da das pflanzliche Mikrobiom von nun an wie ein Organ betrachtet werden sollte, das aus verschiedenen Zonen mit unterschiedlichen Mikrobengemeinschaften besteht. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn mikrobielle Gemeinschaften optimiert werden und in Zukunft beispielsweise zur besseren Pflanzengesundheit beitragen sollen. Loo möchte nun als neue Leiterin der Reisgruppe am Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erforschen, ob sich mit ihren Erkenntnissen Nutzpflanzen verbessern lassen. Dr. Loo wird den vom Springer-Spektrum-Verlag gestifteten und mit 2.500 Euro dotieren Eduard-Strasburger-Preis am 17. September aus den Händen des Präsidenten der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Prof. Dr. Andreas Weber, entgegen nehmen. Sie ist eingeladen, ihre Forschungsergebnisse in einem Plenarvortrag während der diesjährigen internationalen Botanik-Tagung der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG) in Halle (Saale) zu präsentieren.

Seltene Erbsubstanz-Bausteine gemessen und neues Pflanzen-Enzym entdeckt

Dr. Henryk Straube erhält den diesjährigen Wilhelm-Pfeffer-Preis 2024 der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG). In seiner ausgezeichneten Doktorarbeit gelang es Straube, Methoden neu zu kombinieren und damit zum ersten Mal umfassend seltene Nukleotide in Pflanzenzellen zu messen, die die Bausteine der Erbinformationen sind. Die neuen Messungen erlaubten es, die nur in winzigen Mengen in Zellen vorliegenden Desoxynukleotide zu bestimmen. Straube hat darüber hinaus am Institut für Pflanzenernährung der Leibniz Universität Hannover und betreut von Dr. Marco Herde und Prof. Dr. Claus-Peter Witte sogar die Mengen geschädigter Stoffwechselprodukte wie etwa Inosintriphosphat exakt messen können. So entdeckte er auch ein neues Enzym, die Inosintriphosphat-Pyrophosphatase, welche den Abbau von geschädigten Nukleotiden koordiniert. Seine Arbeiten ermöglichen es in Zukunft den pflanzlichen Nukleotid-Stoffwechsel besser zu erforschen. Straube erforscht nun als PostDoc an der dänischen Universität Kopenhagen die Biosynthese von Vicin und Convicin, zwei giftigen Alkaloiden in Ackerbohnen, einer vielversprechenden Quelle für pflanzliches Protein in Europa. Diese Alkaloide leiten sich nicht - wie die meisten Alkaloide - von Aminosäuren ab, sondern von Nukleotiden und entstehen daher durch einen anderen Biosyntheseweg. Dr. Straube wird den mit 2.500 Euro dotierten Preis der DBG-eigenen Wilhelm-Pfeffer-Stiftung am 16. September 2024 aus den Händen des Stiftungspräsidenten, Prof. Dr. Severin Sasso, entgegennehmen und seine Arbeit in einem Plenar-Vortrag vorstellen.  

Neue Methode kann RNA-bindende Proteine in lebenden Pflanzen analysieren

Für die von ihm entwickelte Methode zur Analyse von RNA-bindenden Proteinen an ihre Ziel-RNA in lebenden Pflanzen erhält Dr. Martin Lewinski den Horst-Wiehe-Förderpreis 2024. Ihm gelang es, ein iCLIP2 (individual nucleotide resolution crosslinking and immunoprecipitation) genanntes Laborprotokoll zur Bestimmung von hochaufgelösten Bindestellen RNA-bindender Proteine zu entwickeln inklusive dazugehöriger bioinformatischer Auswertung. Die in der Fachzeitschrift Nature Protocols veröffentlichte Methode ermöglicht nun, die genauen Bindestellen pflanzlicher RNA-bindender Proteine zu untersuchen, um weitere Teile des biologischen Interaktionsnetzwerks aufzudecken. Bislang war dies in Pflanzen hauptsächlich für DNA-bindende Proteine untersucht worden. Die an der Universität Bielefeld in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dorothee Staiger entwickelte Methode zur Ermittlung der genauen Bindestellen auf den Ziel-RNAs kann Rückschlüsse auf die Regulation durch das Protein geben. Damit können aktuelle Paradigmen der Wechselwirkung zwischen RNA und Proteinen bestätigt oder erweitert werden. Lewinski wird die mit 2.000 Euro dotierte Auszeichnung für angehende Forschende am 18. September aus den Händen der Generalsekretärin der DBG, Prof. Dr. Caroline Müller, entgegen nehmen und seine neue Methode in einem Plenar-Vortrag vorstellen. 


Kontakte

Eduard-Strasburger-Preisträgerin: Dr. Eliza Loo (Düsseldorf)

Arbeitsgruppenleiterin Reis-Team
Gebäude: 26.14
Etage/Raum: 00.104
Tel.: +49 211 81-41608
E-Mail: loo[at]uni-duesseldorf.de 
Website: https://www.molecular-physiology.hhu.de/team-rice/mitglieder-team-rice

Laudator:

Prof. Dr. Andreas Weber, Präsident der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG)
Institute for Plant Biochemistry, Heinrich-Heine-University, Universitaetsstrasse 1, 40225 Düsseldorf
Tel.: +49-211-81-12347
E-Mail: andreas.weber[at]uni-duesseldorf.de
Web: www.plant-biochemistry.hhu.de  

Wilhelm-Pfeffer-Preisträger: Dr. Henryk Straube (Hannover)

Derzeit:
Universität von Kopenhagen, Department of Plant and Environmental Sciences, Thorvaldsensvej 40, 1871 Frederiksberg C, Denmark
Tel.: ++45 35328955
E-Mail: henryk[at]plen.ku.dk  

Laudator:

Prof. Dr. Severin Sasso, Präsident der Wilhelm-Pfeffer-Stiftung der DBG
Universität Leipzig, Institut für Biologie, Abtl. Pflanzenphysiologie, Johannisallee 21-23, 04103 Leipzig
Tel.: ++49 (0) 341-9736893
E-Mail: severin.sasso[at]uni-leipzig.de
Web: https://www.lw.uni-leipzig.de/institut-fuer-biologie/abteilungen/pflanzenphysiologie 

Horst-Wiehe-Förderpreisträger: Dr. Martin Lewinski (Bielefeld)

Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25, 33615 Bielefeld
Tel.: ++49 (0) 521 106-5639  
E-Mail: martin.lewinski[at]uni-bielefeld.de

Laudatorin:

Prof. Dr. Caroline Müller, Generalsekretärin der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG)
Lehrstuhl für Chemische Ökologie, Universität Bielefeld, Fakultät für Biologie, W1-142, Universitätsstraße 25, 33615 Bielefeld
Tel.: +49 521 106-5524
E-Mail: caroline.mueller[at]uni-bielefeld.de 
Web: https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/biologie/forschung/arbeitsgruppen/chem_eco/

Titel der ausgezeichneten Arbeiten

Loo E.P.I., Durán P, Pang TP, Westhoff P, Deng C, Durán C, Lercher M., Garido-Oter, R. & Frommer W.B. (2024) Sugar transporters spatially organize microbiota colonization along the longitudinal root axis of Arabidopsis. Cell Host Microbe 32, 543-556.e6. DOI: https://doi.org/10.1016/j.chom.2024.02.014

Straube, Henryk (2023): Investigation of the metabolism of rare nucleotides in plants. Dissertation. Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, 241 S., Referent: Prof. Dr. Claus-Peter Witte. DOI: https://doi.org/10.15488/13270

Lewinski M., Brüggemann M., Köster T., Reichel, M., Bergelt, T., Meyer, K., König, J., Zarnack, K., Staiger, D. (2024): Mapping protein-RNA binding in plants with individual-nucleotide-resolution UV cross-linking and immunoprecipitation (plant iCLIP2). Nature Protocols 19, 1183–1234. DOI: https://doi.org/10.1038/s41596-023-00935-3    

 

Hintergrund

Seit 1994 verleiht die Deutsche Botanische Gesellschaft e.V. (DBG) den Eduard-Strasburger-Preis für hervorragende und originelle wissenschaftliche Leistungen. Das Preisgeld in Höhe von 2.500 Euro wird alle zwei Jahre von Springer Spektrum (www.springer-spektrum.de) bereitgestellt. Die Stiftung wurde aus Anlass der 100jährigen Wiederkehr des Erscheinens der ersten Auflage des "Lehrbuchs der Botanik für Hochschulen" von Eduard Strasburger, Fritz Noll, Heinrich Schenck und A. F. Wilhelm Schimper aus dem Jahr 1894 eingerichtet, das inzwischen „Strasburger – Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften“ betitelt ist. Die Wahl des Preisträgers erfolgt durch eine Jury, die aus den Autorinnen und Autoren der nächsten Auflage des Lehrbuches, dem Präsidenten der DBG und der Biologieplanerin von Springer Spektrum besteht. Details: https://www.deutsche-botanische-gesellschaft.de/ueber-die-dbg/nachwuchsfoerderung/strasburger-preis

Die Deutsche Botanische Gesellschaft e.V. (DBG) verleiht seit 1990 den Wilhelm-Pfeffer-Preis für eine herausragende Dissertation aus den Pflanzenwissenschaften. Das Preisgeld in Höhe von 2.500 Euro und die Auszeichnung durch die Wilhelm-Pfeffer-Stiftung soll die Karriere junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fördern. Der Preis wird vom Vorstand der DBG-eigenen Wilhelm-Pfeffer-Stiftung vergeben. Details: https://www.deutsche-botanische-gesellschaft.de/ueber-die-dbg/nachwuchsfoerderung/pfeffer-preis

Die Deutsche Botanische Gesellschaft e.V. (DBG) verleiht den Horst-Wiehe-Förderpreis alle zwei Jahre für eine herausragende wissenschaftliche Arbeit über ein ausschließlich pflanzenwissenschaftliches Thema. Berücksichtigt werden nur Arbeiten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bis zur erfolgten Habilitation. Der mit 2.000 Euro dotierte Preis stammt aus der Stiftung von Horst Wiehe, welcher der DBG einen Betrag zur Auszeichnung angehender Forschender bereitstellte. Details: https://www.deutsche-botanische-gesellschaft.de/ueber-die-dbg/nachwuchsfoerderung/wiehe-preis

Die Deutsche Botanische Gesellschaft (DBG) ist das größte Netzwerk für Pflanzenwissenschaften und Botanik im deutschsprachigen Raum. Als gemeinnützige Gesellschaft vertritt sie alle Fachdisziplinen und fördert die Pflanzenwissenschaften. Gegründet im Jahr 1882 ist sie eine der ältesten, aktiven Botanischen Gesellschaften der Welt, fördert Wissenschaftler*innen im frühen Karrierestadium, vereint alle Forschungsgenerationen und unterstützt den Austausch ihrer mehr als 1.000 Mitglieder. Mehr: www.deutsche-botanische-gesellschaft.de