DBG · Nachwuchsförderung

Raphael von Büren (Universität Basel)

Vegetationsaufnahme an windexponierter Mikrosite (2805 m.ü.M.), mit Blick auf das Rhonetal im schweizerischen Wallis. Foto: Raphael von Büren

Raphael von Büren erhielt den Preis für die beste pflanzenwissenschaftliche Master-Arbeit, die an der Universität Basel im Jahr 2021 erstellt wurde, von der Deutschen Botanischen Gesellschaft.

Titel: "Contrasting habitat requirements of the abundant alpine tussock graminoids Carex curvula and Nardus stricta" (dt: "Unterschiedliche Habitatansprüche der beiden häufigen alpinen Horstgräsern Carex curvula und Nardus stricta")

Winterfröste (bei fehlender Schneebedeckung) und unterschiedliche Frostresistenzen sind verantwortlich für die Verteilung von Carex curvula und Nardus stricta in der alpinen Stufe. Dies erweitert das Verständnis der fundamentalen Nische der zwei häufigsten Graminoiden in den Alpen.

Ziel: „Wo und wieso existiert eine Art“ ist eine grundlegende Frage der Pflanzenökologie. Dennoch sind physiologische Verbreitungsgrenzen alpiner Pflanzenarten noch weitgehend unerforscht. Mein Ziel ist es, die Verbreitungsgrenzen der beiden häufigsten Graminoiden auf sauren Böden oberhalb der klimatischen Baumgrenze in den europäischen Alpen zu identifizieren: Carex curvula ssp. curvula (Cyperaceae) und Nardus stricta (Poaceae).

Methoden: Bodentemperaturen (-3 cm) und andere Umweltvariablen wurden in situ mit hoher räumlich-zeitlicher Auflösung gemessen, was zu 115 gut charakterisierten Mikrosites führte (thermische Bedingungen, Schneebedeckungsdauer, Bodenchemie, Vegetationszusammensetzung, Landolt-Indikatorwerte). Indem ich diese Beobachtungsdaten mit der Frostresistenz (Elektrolyt-Leackage, Tetrazolium-Vitalfärbung, Überlebenstest) an 38 dieser Mikrosites kombinierte, versuchte ich, die Verteilung der beiden Graminoiden mechanistisch zu erklären.

Ergebnisse: Carex und Nardus trennten sich entlang verschiedener Mikrosites auf. Weder die Bodenchemie (pH, C/N-Verhältnis, Phosphor) noch die Wachstumsgradstunden und die Dauer der Vegetationsperiode (also das Datum der Schneeschmelze) spielten eine entscheidende Rolle. Das Vorkommen wurde stark durch niedrige Bodentemperaturminima im Winter beeinflusst. Carex trat an Standorten mit und ohne schützende Schneedecke auf und widerstand niedrigen Bodentemperaturen (-13 °C). An Mikrosites mit kurzer Schneebedeckungsdauer und Bodenminimumtemperaturen unter -5 °C fehlte Nardus. Leakage-Analysen ergaben eine höhere Frostresistenz von Carex-Blättern (mittlerer LT50: -16,1 °C) im Vergleich zu Nardus-Blättern (-13,3 °C) während der Vegetationsperiode. Gegen Ende der Vegetationsperiode wurde bei beiden Arten eine Frostabhärtung beobachtet. Die Tetrazolium-Vitalfärbung zeigte eine höhere Frostresistenz in jungen (unterirdischen) Trieben von Carex im Vergleich zu Nardus, wobei die Apikalmeristeme die niedrigsten Temperaturen tolerierten. Eine vitales Apikalmeristem allein kann jedoch das Nachwachsen nach dem Winter nicht gewährleisten. Entscheidend waren intakte Gefässgewebe (Phloem, Xylem) und Wurzeln, die alle weniger frostresistent sind als apikales Gewebe.

Wichtigste Schlussfolgerungen: Die Verbreitungsgrenzen wurden durch thermische Extremwerte (scharfe Schwellenwerte für das Überleben) und nicht durch den graduellen Einfluss der Bodentemperatur (thermische Wachstumsbeschränkungen) definiert. Die Studie unterstreicht die Bedeutung (I) in situ gemessener mikroklimatischer Daten in topographisch vielfältigen alpinen Regionen sowie (II) der Frostresistenz einer Art, um ihre Überlebensfähigkeit am Rand ihrer fundamentalen Nische zu erforschen.

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Raphael von Büren fertigte die Arbeit am Departement für Umweltwissenschaften in der Forschungsgruppe Physiologische Pflanzenökologie PPE (Prof. Dr. Ansgar Kahmen) unter der Betreuung von Dr. Erika Hiltbrunner an.

> zur Aufnahme Tetrazolium-gefärbter Sprosse beider Gräser

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