Wie Seegräser das Meer eroberten
Seegräser entwickelten sich vor etwa 100 Millionen Jahren in drei unabhängigen Linien aus ihren im Süßwasser vorkommenden Vorfahren und sind die einzigen vollständig unter Wasser lebenden marinen Blütenpflanzen. Der Wechsel in eine so radikal andere Umgebung ist ein seltenes evolutionäres Ereignis – und er dürfte nicht einfach gewesen sein. Wie gelang den Seegräsern dieser Schritt? Neue hochqualitative Genome für drei Arten liefern Hinweise, die für den Erhalt von Seegras-Ökosystemen und deren nachhaltige Nutzung von Bedeutung sind, zeigt eine Studie im Fachmagazin Nature Plants. Dazu hatten eine internationale Gruppe von 38 Forschenden - darunter Professor Thorsten Reusch vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, drei der wichtigsten Seegras-Arten untersucht: das ikonische, nur im Mittelmeerraum vorkommende Neptungras (Posidonia oceanica), das weit verbreitete Kleine Neptungras (Cymodocea nodosa) und das in der Karibik endemische Schildkrötengras (Thalassia testudinum). Anschießend verglichen sie Genfamilien und genomische Modifikationen, die mit strukturellen und physiologischen Anpassungen verbunden sind: Seegräser haben sich nur drei Mal aus ihren Süßwasser-Vorfahren entwickelt – mit 84 zugehörigen Arten. Die Seegräser waren in der Lage, radikale Anpassungen durch Genomverdopplung vorzunehmen, wie sie oft mit starkem Umweltstress verbunden sind. Die drei unabhängigen Seegras-Linien haben demnach ihr gesamtes Genom vor etwa 86 Millionen Jahren verdreifacht. Die Ergebnisse ermöglichen es jetzt, experimentelle und funktionelle Studien voranzubringen, die für ein transformatives Management und die Wiederherstellung von Seegras-Ökosystemen besonders wichtig sind. Sie sind eine enorme Ressource für die Forschungsgemeinschaft, um auch die zukünftige Anpassungsfähigkeit von Seegras-Ökosystemen zu verstehen und möglicherweise gezielt zu erhöhen.
Quelle: GEOMAR