Paul Buschbeck (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Paul Buschbeck erhielt den Preis für die beste pflanzenwissenschaftliche Master-Arbeit, die an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Jahr 2021 erstellt wurde, von der Deutschen Botanischen Gesellschaft.
Titel: Klonierung und funktionelle Charakterisierung von Enzymen der Violaxanthin-Synthese aus Chromalveolaten
Die transiente Implementierung eines neuartigen Violaxanthin-Syntheseweges in Tabakblätter mittels heterologer Expression algaler Enzyme führte zu einer Verdopplung des Violaxanthin-Gehalts im Vergleich zum Tabak-Wildtyp.
Das Superphylum der Chromalveolaten beschreibt eine polyphyletische Gruppe von Algen, deren Plastiden ursprünglich aus der sekundären Endosymbiose mit einem frühen Rotalgen-Vertreter hervorgegangen sind. Im Photosyntheseapparat der Chromalveolaten ist im Vergleich zu den Grünalgen oder Landpflanzen vor allem die hohe Pigmentdiversität auffällig. Diese Vielfalt betrifft insbesondere die Stoffklasse der Carotinoide, die zu den lipophilen Pigmenten gehören. Ein obligates Intermediat für die Biosynthese vieler wichtiger Carotinoide der Chromalveolaten ist das Xanthophyll Violaxanthin.
Die Synthese von Violaxanthin verläuft in Landpflanzen über die Hydroxylierung von β-Carotin zu Zeaxanthin und die nachfolgende Epoxidierung von Zeaxanthin zu Violaxanthin. Interessanterweise führten frühere Untersuchungen zu der Hypothese, dass einige Chromalveolaten über eine alternative Violaxanthin-Biosynthese verfügen könnten, die sich von dem Syntheseweg der Landpflanzen unterscheidet.
Um diese Hypothese zu überprüfen, wurde eine in vivo-Charakterisierung der Substratspezifität von Enzymen aus verschiedenen Chromalveolaten durchgeführt, die an der Violaxanthin-Synthese beteiligt sein könnten. Die entsprechenden algalen Gene wurden kloniert und mittels Agrobakterien-vermittelter Transformation heterolog in Tabakblättern exprimiert. In Tabakblättern akkumuliert ein gewisser Anteil an β-Carotin, das den heterologen Enzymen bei Zielsteuerung in die Plastiden als Ort der endogenen Carotinoid-Biosynthese zugänglich ist und somit als Substrat dienen kann. Anhand der mittels HPLC gemessenen Pigmentstöchiometrien in den transformierten Tabakblättern konnten Aussagen zur Substratspezifität der heterologen Enzyme abgeleitet werden.
Auf diesem Wege wurde mit algalen Enzymen ein alternativer Violaxanthin-Biosyntheseweg unter Umgehung von intermediärem Zeaxanthin transient in Tabakblätter implementiert. Der Violaxanthin-Gehalt in den transformierten Tabakblättern konnte dabei im Vergleich zum Wildtyp mehr als verdoppelt werden. Durch die Bestimmung der Substratspezifitäten der entsprechenden Enzyme wurde der Nachweis erbracht, dass Chromalveolaten wie beispielsweise die bekannte Kieselalge Phaeodactylum tricornutum die genetische Ausstattung für die Katalyse eines alternativen Violaxanthin-Syntheseweges besitzen, bei dem die intermediäre Bildung von Zeaxanthin umgangen wird. Durch diese Erkenntnis ergeben sich weitere interessante Forschungsansätze wie zum Beispiel die Frage nach dem Selektionsdruck, der zu der Entwicklung einer alternativen Violaxanthin-Synthese bei Chromalveolaten führte.
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Paul Buschbeck fertigte die Arbeit am Institut für Molekulare Physiologie in der Arbeitsgruppe von Dr. Martin Lohr an.