Joelle Kröll (Universität Innsbruck)
Joelle Kröll erhielt den Preis für die beste pflanzenwissenschaftliche Master-Arbeit, die an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck im Jahr 2020 erstellt wurde, von der Deutschen Botanischen Gesellschaft.
Titel: Allopolyploidie, Introgression und morphologische Differenzierung in der in den Pyrenäen endemischen Art Saxifraga pubescens
Mehrere Datenquellen enträtseln die bisher unscheinbare Vielfalt eines Endemiten, der in den höchsten Regionen der Pyrenäen vorkommt: von einer Art zu zweien, Genomduplikationen und wiederkehrende Hybridisierung
Hybridisierung ist eine wichtige evolutionäre Kraft in Pflanzen, die entweder zu einem Verlust an Differenzierung durch introgressive Hybridisierung oder zu einer Erhöhung der Diversität aufgrund der Entwicklung einer neuen evolutionären Entität durch Artbildung führen kann. Damit letzteres stattfinden kann, müssen Hybride zwei große Herausforderungen bewältigen: die Hybridsterilität und die Rückkreuzung mit den Elternlinien. Ein Weg, um beide Probleme zu überwinden, ist die Allopolyploidie. Saxifraga pubescens ist eine alpine Pflanze, die in den Pyrenäen endemisch ist und an Bergkämmen, Gipfeln und freiliegenden Gesteinen in den höchsten Bereichen des Gebirges vorkommt. Laut lokalen Bestimmungsbüchern gibt es zwei Unterarten mit allopatrischer Verteilung: subsp. pubescens und subsp. iratiana. Kürzlich durchgeführte Feldstudien haben jedoch gezeigt, dass 1) Populationen mit unklarer Identifizierung und 2) ein nicht allopatrisches Verteilungsmuster zwischen den beiden Unterarten gegeben ist. Darüber hinaus scheint eine Hybridisierung mit anderen gemeinsam vorkommenden Saxifraga-Arten zu erfolgen. Saxifraga pubescens ist eine gute Modellart, um zur wenig bekannten biogeographischen Geschichte der alpinen Pflanzen der Pyrenäen beizutragen. Da die Art in einigen Gebieten sowohl in Spanien als auch in Frankreich geschützt ist, muss die intraspezifische Systematik von S. pubescens geklärt werden. Zu diesem Zweck verbinden wir morphologische Daten, relative Genomgrößen und molekulare Daten aus der RAD- und der Plastid-DNA-Sequenzierung miteinander, um auf die evolutionäre und biogeographische Geschichte der Art zu schließen und einen kongruenten Systematikrahmen zu schaffen. Wir haben in dieser Arbeit sowohl vereinzelte Hybriden in Populationen von S. pubescens als auch ganze Populationen, die nur aus Hybriden bestehen, entdeckt. Die sogenannte homoploide Hybridisierung scheint der Ursprung der vereinzelten Hybride zu sein, während die Hybrid-Populationen aus Allopolyploiden bestehen, was auf die Fertilität der Hybride und damit auf ihr Potenzial, schließlich neue Arten zu bilden, hinweist. Die Morphologie ermöglicht die korrekte Identifizierung der beiden Unterarten sowie der Hybriden, mit Ausnahme von Individuen mit unausgeglichener Introgression. Darüber hinaus ergeben die molekularen Daten, dass beide Unterarten monophyletisch sind, während die Art selbst jedoch polyphyletisch ist. Außerdem weisen sie darauf hin, dass die beiden Unterarten durchweg gut differenzierte Entitäten sind und als zwei separate Arten anerkannt werden sollten.
Die Master-Arbeit von Joelle Kröll ist hier veröffentlicht: https://diglib.uibk.ac.at/ulbtirolhs/download/pdf/5341778?originalFilename=true
___
Joelle Kröll fertigte die Arbeit am Institut für Botanik bei Univ.-Prof. Mag. Dr. Ilse Kranner (Institutsleiterin) in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Mag. Dr. Peter Schönswetter (Stellvertretender Institutsleiter) und Ass. Dr. Pau Carnicero an.