Actualia · Tagungsbericht

Wie sich Überschwemmung und Sauerstoffmangel auf Pflanzen auswirken

Ein Teil der 120 Teilnehmenden der ISPA22 stellte sich vor dem oberfränkischen Kloster Banz der Fotografin. Foto: Alina Hieber

Die erste Konferenz der ISPA (International Society for Plant Anaerobiosis) in Deutschland (ISPA22) thematisierte im September Flooding and hypoxia in plants, ein im Klimawandel immer wichtiger werdendes Thema. Die Tagung, an der zahlreiche Forschende aus dem Ausland teilnahmen, war von mehreren Forschenden im Hybridformat organisiert worden. Hauptorganisatorin Professorin Dr. Angelika Mustroph berichtet über die spannendsten Vorträge – u.a. eines Nobelpreisträgers –, die verliehenen Poster-Preise und das Fazit der Teilnehmenden, zu welchen Themen in Zukunft mehr wissenschaftliche Analysen notwendig sind.

Im Zuge des Klimawandels treten Starkregenereignisse und dadurch verursachte Überflutungen verstärkt auf. Wie Pflanzen auf solche Stressbedingungen reagieren, wird von vielen Forschern weltweit untersucht. Sie haben sich zu einem Verbund namens International Society for Plant Anaerobiosis (ISPA) zusammengeschlossen und richten alle drei Jahre eine internationale Konferenz aus. In diesem Jahr fand die Konferenz vom 25. bis 29. September im Kloster Banz nördlich von Bamberg statt mit Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG).

Die nun erstmals von deutschen Arbeitsgruppen ausgerichtete Zusammenkunft ist die 14. Konferenz der ISPA. Vorherige Konferenzen fanden in Matsushima (Japan, 2007), Volterra (Italien, 2010), Los Banos (Philippinen, 2013), Kopenhagen (Dänemark, 2016) und Taipei (Taiwan, 2019) statt. Organisiert hatte die diesjährige Konferenz ein Team unter der Federführung von Prof. Dr. Angelika Mustroph (Universität Bayreuth). Weitere Organisator*innen waren die beiden Juniorprofessor*innen Prof. Dr. Romy Schmidt-Schippers (Universität Bielefeld) und Prof. Dr. Sjon Hartman (Universität Freiburg) sowie drei Professor*innen aus Deutschland: Prof. Dr. Margret Sauter (Universität Kiel), Prof. Dr. Peter Geigenberger (LMU München) und Prof. Dr. Joost van Dongen (RWTH Aachen).

Zahlreiche Teilnehmende aus dem Ausland

Über 90 Teilnehmer*innen wirkten vor Ort an der Tagung mit, weitere 30 Wissenschaftler*innen nahmen online teil. Neben 34 Teilnehmenden aus Deutschland kam der überwiegende Teil der Wissenschaftler*innen aus dem Ausland, etwa aus Japan, Großbritannien, USA, Italien, den Niederlanden und Belgien. Unter den Teilnehmer*innen waren 47 Doktorand*innen bzw. Studierende: 35 vor Ort und 12 online. Dank der finanziellen Unterstützung durch die DBG konnten die Teilnahmegebühren für letztgenannte um 100 Euro gesenkt werden.

Nobelpreisträger eröffnet die Tagung

In 59 Vorträgen und auf 38 Postern wurden neueste Forschungsergebnisse präsentiert. Die Vorträge umfassten Themen von der Ökologie (Adaptation an Überflutungen) über molekulare Themen (Signaltransduktion, Primärstoffwechsel, Entwicklungsprozesse) hin zu deren Anwendung in der Landwirtschaft (Züchtung toleranterer Kulturpflanzen). Nobelpreisträger Prof. Sir Peter Ratcliffe (University of Oxford, UK, Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2019) hielt den Eröffnungsvortrag zum Thema „Sauerstoff-Wahrnehmung und Signalweiterleitung in verschiedenen Eukaryoten“ und zeigte mögliche Verknüpfungen zu tierischen Systemen bis hin zur Medizin auf.

Hervorzuheben ist ein Vortrag von Prof. Michael Holdsworth (University of Nottingham, UK), der über seine Arbeiten zur Adaptation von Arabidopsis-Ökotypen an größere Höhenlagen durch Anpassung an unterschiedliche Sauerstoff-Partialdrücke berichtete (Abbas et al., 2022). Im Abschlussvortrag stellte Prof. Julia Bailey-Serres (University of California Riverside, USA) einen beeindruckenden Datensatz zur transkriptionalen und translationalen Akklimatisation von Reis an Trockenheit und Überflutung auf Zelltyp-Ebene vor (Reynoso et al., 2022), der Grundlage für weitere Experimente und Forschungsfragen sein wird.

Mehr Forschung über überflutungstolerante Wild- und Nutzpflanzen nötig

In einer generellen Diskussionsrunde wurden die neuen Ergebnisse auf molekularer Ebene von Modellpflanzen, allen voran Arabidopsis, gewürdigt. Viele Forschende plädierten dafür, die Erkenntnisse daraus vermehrt auf für die Menschheit wichtige Nutz- und Kulturpflanzen zu übertragen. Erste Ansätze bei Reis existieren zwar, es gibt aber bisher wenige Erkenntnisse, die neue Züchtungsansätze z.B. für überflutungstoleranten Raps, Soja, Weizen oder Mais vorschlagen. Ebenso ist es notwendig, überflutungstolerante Wildpflanzen in die Forschung einzubeziehen, auch wenn dies experimentell eine Herausforderung darstellt.

Reiseunterstützung und Poster-Preise

Mit Mitteln, die durch Mitgliedsbeiträge der ISPA zur Verfügung gestellt wurden, konnten für 12 Wissenschaftler*innen die Teilnahmegebühren übernommen werden, darunter fünf PostDocs und 7 Doktorand*innen, von denen jede/r Ergebnisse in einem Vortrag vorstellte. Drei Wissenschaftlern aus Pakistan, Nigeria und Zimbabwe wurde eine kostenlose online-Teilnahme ermöglicht. Die Mittel der DBG wurden außerdem dafür verwendet, zwei Poster-Preise im Wert von je 200 Euro zu vergeben, die nach Abstimmung durch alle Teilnehmer*innen Natalia Yaneth Rodriguez-Granados (Universität Utrecht, Niederlande) und Allegra Wundersitz (RWTH Aachen) verliehen wurden. Zwei weitere Poster-Preise, finanziert durch CLF PlantClimatics GmbH sowie EMBO, gingen an Anna Dirr (Universität Oxford, UK) und an Orla Sherwood (University College Dublin, Irland).

Fazit

Übereinstimmend wurde die Tagung als großer Erfolg gesehen, nicht nur in Hinblick auf das Wiedersehen nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Reise- und Kontaktbeschränkungen. Auch der Tagungsort Kloster Banz erwies sich als ideal für einen engen Austausch sowie anregende Gespräche und Diskussionen und ist auch für Hybrid-Formate sehr gut geeignet. Der persönliche Kontakt bleibt zur Anbahnung und Etablierung neuer Forschungskontakte weiterhin sehr wichtig. Die nächste Tagung der ISPA wird voraussichtlich 2025 in Japan stattfinden.


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Prof. Dr. Angelika Mustroph, Universität Bayreuth

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