Elina J. Negwer (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
Elina J. Negwer erhielt den Preis für die beste pflanzenwissenschaftliche Master-Arbeit, die an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im Jahr 2022 erstellt wurde, von der Deutschen Botanischen Gesellschaft.
Titel: Induktion von UV-Schutzstoffen durch Stickstoffmangel in Helianthus annuus
Hauptsekundärstoffe sind kein Verbraucher des Kohlenstoffüberschusses in Sonnenblumen mit Stickstoffmangel: Eine Neubewertung der Carbon-Nutrient Balance Hypothese
1983 haben Bryant et al. die kontrovers diskutierte Carbon-Nutrient Balance Hypothese (CNB) publiziert, welche unter anderem besagt, dass die Menge an kohlenstoffbasierten Sekundärstoffen (CBSCs) in Pflanzen durch Stickstoffmangel als Reaktion auf überschüssigen Kohlenstoff aus der Photosynthese ansteigt, welcher durch reduziertes Wachstum hervorgerufen wird.
Um Klarheit in die Debatte zu bringen, ob die CNB stimmt, wurden Kohlenstoffbilanzen in diesem neuen Ansatz verwendet, um die Menge an Kohlenstoff zu berechnen, welcher in die Biosynthese von Caffeoylchinasäuren (CQAs) und Lignin geflossen ist, je im Vergleich zum entsprechenden Kohlenstoffzuwachs von Zellwandkohlenhydraten oder einzelnen Pflanzenteilen, um beurteilen zu können, ob CBSCs nennenswerte Kohlenstoffverbraucher sind. Die Kohlenstoffassimilation von in Hydrokultur gewachsenen, 13 Tage alten Sonnenblumen wurde per Gasaustausch und C/N-Analyse bestimmt, wohingegen die Konzentration einzelner Stoffe mittels Chlorophyllfluoreszenz und HPLC (CQAs), sowie mit dem Acetylbromid-Assay (Lignin und Kohlenhydrate der Zellwand), bestimmt wurde.
Obwohl die Konzentration an CQAs in den Blättern schon innerhalb von 24 h nach dem Umsetzen der Sonnenblumen in Stickstoffmangelmedium anstieg, stieg die Ligninkonzentration, selbst nach drei Tagen Stickstoffmangel, unabhängig vom Pflanzenteil (Primärblätter, erstes Sekundärblattpaar, Keimblätter, Sprossachse oder Wurzeln), nicht an. Die Induktionsdauer konnte jedoch nicht verlängert werden, da schon an Tag drei die Photosynteserate wegen des Stickstoffmangels zu sinken begann, was nicht vereinbar mit den Annahmen der CNB ist.
Die Nettomenge an Kohlenstoff, die in CQAs (<2%) oder Lignin (<7%) floss, war viel geringer als der Zuwachs an Kohlenhydraten der Zellwand (>60%). Interessanterweise war dies nicht signifikant durch die Stickstoffversorgung der Pflanzen beeinflusst. Jedoch legt die Kohlenstoffallokation zu den verschiedenen Pflanzenteilen nahe, dass der Kohlenstoffüberschuss aus dem reduzierten Blattwachstum durch einen Anstieg des Wurzelwachstums ausgeglichen wurde.
Letztlich deuten die Ergebnisse darauf hin, dass CQAs und Lignin bei Stickstoffmangel nicht als nennenswerte Verbraucher von überschüssigem Kohlenstoff fungieren, was im Widerspruch zur CNB steht. Schlussendlich ist ein einzelner Grund für erhöhte CQA-Konzentrationen in Stickstoffmangelpflanzen eher unwahrscheinlich. Stattdessen kann man mittels vorheriger Untersuchungen zu dem Schluss kommen, dass CQAs mehrere Eigenschaften im Kontext um Stickstoffmangel mit sich bringen, wie beispielsweise antioxidative Eigenschaften, Modulation von Wachstum und Differenzierung, Fraßschutz und allelopathische Effekte.
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Elina J. Negwer fertigte die Arbeit am Botanischen Institut in der Abteilung Ökophysiologie der Pflanzen in der Arbeitsgruppe von Wolfgang Bilger an.