Otto Ludwig Lange, Pflanzenökologe, Hochschullehrer und wegen seiner zutiefst menschlichen Haltung außergewöhnlich hoch geschätzter Mensch, verstarb unerwartet im August 2017 im Alter von 89 Jahren. Er wurde an 21. August 1927 in Dortmund geboren und war zuletzt emeritierter Professor für Botanik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Nach dem Militärdienst im Zweiten Weltkrieg und anschließender Kriegsgefangenschaft (1943-1945) studierte er Biologie an den Universitäten Göttingen und Freiburg. 1952 promovierte Otto L. Lange an der Univ. Göttingen bei dem durch seine herausragenden Arbeiten bekannten Pflanzenwissenschaftler Prof. Dr. Franz Firbas. Sieben Jahre später folgte die Habilitation. Anschließend war er bei Prof. Dr. O. Stocker an der TU Darmstadt (1962-1963). 1963 akzeptierte er einen Ruf auf den Lehrstuhl für Forstbotanik der Universität Göttingen. Vier Jahre später erhielt er einen Ruf an die Universität Würzburg. Trotz mehrerer, z.T. sehr attraktiver Angebote wie 1963 der Universität Grenoble, 1966 der Universität Stuttgart-Hohenheim, 1972 der Universität Tübingen und 1981 der Universität Göttingen, blieb er in Würzburg bis zu seiner Emeritierung 1992.
Pionier der Pflanzenökophysiologie
Otto L. Lange war ein enthusiastischer und inspirierender Ökologe mit einem beeindruckend breiten Interesse und tiefgehendem Wissen. Sein Hauptinteresse galt der Physiologie von Gefäßpflanzen und Kryptogamen unter natürlichen Bedingungen im Feld. Er war ein Pflanzen- und Flechtenökophysiologe und mehr als die Hälfte seiner publizierten Arbeiten widmete er Gefäßpflanzen. Den Flechten aber galt immer sein Hauptinteresse und einige seiner ersten Arbeiten setzten sich mit der Hitze- und Trockenresistenz von Flechten auseinander. Flechten waren bis zuletzt Gegenstand seiner Veröffentlichungen. Er war eine der treibenden Personen, die das Forschungsfeld der Ökophysiologie etablierten, dabei immer orientiert an seinem Leitmotiv: “Das Ziel physiologischer Pflanzenökologie muss es sein, ökologische Prozesse wie die Leistungsfähigkeit von Pflanzen, deren Überleben und Verbreitung im physiologischen, biophysikalischen und biochemischen Sinne zu verstehen. Deshalb war das erste Ziel meiner Forschungen die Reaktion von Pflanzen in der Natur in Hinsicht auf deren Umweltbedingungen quantitativ zu analysieren” (O.L. Lange, mündlich). Sein Ziel war also nichts Geringeres, als die kausalen Ursachen der oben erwähnten Eigenschaften aufzuklären und zu verstehen.
Humboldt‘sches Wissenschaftsideal
In der Lehre vertrat er ein sehr breites Feld, welches die Taxonomie der Pflanzen, die Vegetationsökologie, die Ökophysiologie, aber auch Feldpraktika und dazugehörende Exkursionen zur Pflanzenbestimmung und Vegetationsökologie in Deutschland und Europa beinhaltete. Sein Ziel war es von Anfang an, das Interesse der Studenten für die wissenschaftliche Botanik zu wecken. Er hatte viele Ideen und war wissbegierig den ganzen Umfang der Anatomie, Morphologie und der Existenz von Pflanzen in bestimmten Habitaten auf einer physiologisch zuverlässigen Basis zu verstehen und dieses Wissen dann auch zu vermitteln. Damit verkörperte er das Humboldt’sche Ideal der universitären Verkoppelung von Forschung und Lehre.
Lebensgemeinschaften und Literatur
Otto L. Lange bereiste die ganze Welt, um die Existenz und Verbreitung von Flechten zu verstehen und um weiteren wissenschaftlichen Interessen, wie z.B. der Salz- und Trockentoleranz nachzugehen, nicht zuletzt immer auch, um Kollegen und Freunde zu treffen und Freundschaften zu pflegen. Ihn beschäftigten viele Phänomene, z.B. wie photoautotrophe Organismen Tau aufnehmen, wie sie Luftfeuchte nutzen können, und er war der erste der zeigte, wie Gefäßpflanzen auf Luftfeuchte reagieren. Er publizierte 385 Arbeiten, die überwältigende Mehrheit davon in referierten Journalen. Die Veröffentlichungen konzentrieren sich hauptsächlich auf Phänomene wie den Zusammenhang von Wassergehalt und Gasaustausch von Flechten, Moosen und von biologischen Bodenkrusten, ebenso wie von Gefäßpflanzen der mediterranen und Wüsten-Klimazone. Seine Studien und Publikationen zu den biologischen Bodenkrusten entfachten weltweit ein Feuerwerk an Studien zu diesem Komplex und etablierten diese als heute stark beachtete Elemente der Vegetation, sei es als vorübergehende Sukzessionsstadien oder als permanentes Vegetationselement von enormer ökologischer Bedeutung. Nicht weniger beachtet wurden seine klassischen Studien zum mittäglichen Stomataschluß sklerophyller Pflanzen oder auch seine Beiträge zum Komplex des „Waldsterbens“. Er war langjähriger Herausgeber von Fachjournalen wie z.B. „Flora“ oder „Oecologia“ und er begründete die erfolgreichen Ecological Studies und Physiological Plant Ecology Reihen (siehe auch Büdel 2007, Schulze und Heilmeier 2018, Green und Büdel 2018).
Mit seinem Fokus auf photoautotrophe Organismen arider und kalter Klimate wurde Otto L. Lange zu einem der höchst anerkannten deutschen Ökologen, was sich unter anderem in der Benennung eines Berges als „Lange Peak“ (2435 m hoch) in der Lyttelton Range von Nord-Viktoria-Land, Antarktis, der Benennung neuer Flechtenarten nach ihm (Peltula langei, Hubbsia langei und Jeckelixia ottolangei) und vielen Ehrungen und Preisen niederschlug.
Auszeichnungen
Die nachhaltigen wissenschaftlichen Errungenschaften Otto L. Langes sind sein wichtigstes wissenschaftliches Erbe. Darüber hinaus erfuhr Otto L. Lange mit drei Ehrendoktorwürden und 18 Ehrenmigliedschaften und Preisen (darunter – zusammen mit Prof. Ulrich Heber - den Gottfried Wilhelm Leibniz Preis der DFG und als erster Ausländer die Auszeichnung Eminent Ecologist durch die Ecological Society of America) eine überaus hohe Anerkennung durch die nationale und internationale Scientific Community. Über all diese Auszeichnungen hinaus wurde Otto L. Lange als sehr fairer und hilfsbereiter Wissenschaftler und Kollege geschätzt. Während seiner Zeit in Würzburg nahm er mehrere Gastprofessuren u.a. an der Utah State University (USA), der Australian National University (Australien) und an der Lanzhou University (China) wahr.
Wir alle, seine ehemaligen Schüler, Mitarbeiter, Kollegen und Freunde, haben einen geistreichen und originellen Unterstützer, Vorbild und vor allem einen Freund verloren. Wir werden die stimulierenden und zugleich fröhlichen Diskussionen sehr vermissen, die uns immer wieder zu neuen Einsichten verholfen und zugleich hilfreich waren, die Hochs und Tiefs des wissenschaftlichen Werdegangs zu verkraften. Mit seinem Tod verlor die internationale Gemeinschaft der Pflanzenökologen, insbesondere aber auch die Deutsche Botanische Gesellschaft, einen herausragenden und hoch geschätzten Kollegen.
Am 14. August 2017 verstarb Otto L. Lange friedlich nach einer unerwarteten schweren Krankheit. Sein Tod war ein Schock für seine Angehörigen und Freunde. Er hinterlässt seine Frau Rose und seine beiden Töchter Annette und Ulrike. Ihnen gilt unser Mitgefühl.
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Im Juli 2018
Burkhard Büdel, TU Kaiserslautern, Pflanzenökologie und Systematik
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Referenzen
Büdel, B. (2007): Otto Ludwig Lange - 80 years: Eco-physiology – the key to understanding the function and distribution patterns of plants and lichens. Flora 202: 590-607.
Green, T.G. A. and Büdel, B. (2018): Obituary Otto Ludwig Lange. The Lichenologist, in press.
Schulze, E.-D. and Heilmeier, H. (2018): In memoriam: Otto Ludwig Lange (1927-2017). Flora, in press
Die Literaturliste aller wissenschaftlichen Arbeiten von O.L. Lange kann beim Autor angefordert werden: https://www.bio.uni-kl.de/mitarbeiter/bio-a-c/bio-buedel-burkhard/