Der Anlass des Symposiums, das vom 20. bis 23. September 2009 in Berlin stattfand, war ein Jubiläum: Vor 100 Jahren erschienen im 1. Band der weltweit ersten genetischen Fachzeitschrift, der Zeitschrift für Induktive Abstammungs- und Vererbungslehre, Beiträge von Carl Correns und Erwin Baur (beide waren Mitglied der Leopoldina) über die Vererbung von Blattfarbdefekten bei Mirabilis jalapa bzw. Pelargonium zonale.
Forschungsrichtung erweitert Mendelsche Regeln
Die Vererbung folgte nicht den Mendelschen Regeln. Correns beobachtete einen rein maternalen Erbgang, während Baur eine biparentale Vererbung des Farbunterschieds grün-weiß berichtete. Mit diesen Artikeln wurde eine neue Forschungsrichtung der Genetik begründet, die sich mit Genen beschäftigt, die nicht im Zellkern liegen, sondern in den Mitochondrien (bei fast allen Eukaryoten) und in den Chloroplasten/Plastiden der Pflanzen einschließlich der Algen sowie einiger nichtgrüner Einzeller, zu denen auch Trypanosomen und andere Parasiten gehören.
Trotz Konkurrenz 180 internationale Teilnehmende
Das Symposium beleuchtete den aktuellen Stand dieser Forschungsrichtung, die sich in den vergangenen hundert Jahren weit aufgefächert hat und mittlerweile nicht nur verschiedene Disziplinen der Biologie beschäftigt, sondern auch in die Medizin und Agrarwissenschaften hinein wirkt. Trotz Konkurrenz mit zwei internationalen Tagungen über die Molekularbiologie der Mitochondrien, die nahezu gleichzeitig stattfanden, konnte das Symposium in Berlin 180 Teilnehmer aus vielen Teilen der Welt anziehen.
Vorträge und Poster lassen Tagung gelingen
Über 40 Vorträge beschäftigten sich mit der Evolution and Inheritance of Organellar Genes, mit Replication and Expression of Organellar Genes, Transport, Metabolism, and Regulation sowie den Consequences of Organellar Mutations. In Qualität und Vielseitigkeit standen die fast 90 präsentierten Poster den Vorträgen in keiner Weise nach. Die Tagungsteilnehmer diskutierten daher auch ungewöhnlich lebhaft über die Poster, womit gewährleistet war, dass auch deren Inhalte ganz wesentlich zum Gewinn und Gelingen der Tagung beitrugen. Nach dem offiziellen Abschluss des Symposiums gab es noch Gelegenheit zu einer Exkursion zu den Wirkungsstätten von Erwin Baur und Carl Correns sowie von weiteren namhaften Wissenschaftlern in Berlin-Dahlem.
Auch osteuropäischer Nachwuchs präsent
Das Symposium wurde außer durch die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina auch durch den SFB 429 (Berlin-Potsdam), den SFB-TR1 (München, Düsseldorf, Marburg) sowie durch mehrere Fachgesellschaften gefördert, darunter die Deutsche Botanische Gesellschaft, was u.a. die Einladung und aktive Teilnahme junger Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, auch aus osteuropäischen Ländern, ermöglichte.
Berlin, 17. Februar 2010, Professor Dr. Thomas Börner