Actualia · Tagungsbericht

Mitteldeutsche Pflanzenphysiologie-Tagung

In der Uni Leipzig kamen die Nachwuchsforscherinnen und –forscher zusammen, um Ihre Ergebnisse untereinander sowie mit den Lehrstuhlinhaber*innen in konstruktiver Atmosphäre zu diskutieren und institutsübergreifende Kontakte zu knüpfen. Foto: Sören Schmechta

Zum 17. Mal brachte die diesjährige Mitteldeutsche Pflanzenphysiologie-Tagung in Leipzig rund 60 Forschende aus Halle, Dresden, Leipzig und Jena zusammen. Während der zweitägigen Veranstaltung am 8. und 9. März präsentierte vorrangig der wissenschaftliche Nachwuchs neueste Erkenntnisse zur Physiologie und Zellbiologie photosynthetisch aktiver ein- wie mehrzelliger Organismen. Außerdem stellte der Pflanzenphysiologe Christian Wilhelm, ab 1. April Professor emeritus der Universität Leipzig, seine aktiven Pläne für den „Ruhestand“ vor, womit er den Anwesenden neue Denkanstöße für die Ausrichtung der Pflanzenforschung mit auf den Weg gab. Über die Tagung berichtet Doktorandin Vivien Hotter der Universität Jena.

Wie in den Vorjahren fand das zweitägige Treffen großen Anklang und so nutzte der wissenschaftliche Nachwuchs die ungezwungene und konstruktive Atmosphäre, um den Fachkollegen*innen die eigene Forschung in englischsprachigen Vorträgen zu vermitteln. Die hohe Qualität der Präsentationen wurde durchweg gelobt. Dank der engagierten Promovierenden, die als Sessionchairs fungierten, konnte der zeitliche Rahmen trotz der vielen interessanten Diskussionen eingehalten werden. Dies resultierte in noch zahlreicheren Fachgesprächen während der Kaffeepausen und beim gemeinsamen Abendessen am Freitagabend.

Die insgesamt 20 Vorträge handelten sowohl von bekannten Modellorganismen wie Arabidopsis thaliana und Chlamydomonas reinhardtii, aber auch von Arten, die bisher weniger im Fokus der Forschung standen, wie Aster tataricus. Die Diversität der Forschungsaspekte stand dabei der Diversität an Untersuchungsobjekten in nichts nach: Mal ging es um die Interaktion höherer Pflanzen und Mikroalgen mit Mikroorganismen, mal um biotechnologische Anwendungsbereiche, ein andermal um die Bedeutung diverser Sekundärmetabolite.  

Nach warmen Willkommensworten von Christian Wilhelm stellte Charlotte Ost (Halle) ihre Ergebnisse zur epigenetischen Regulierung der Blattseneszenz der Gerste (Hordeum vulgare) vor. Susanne Auer (Dresden) zeigte auf, wie die Zuhilfenahme verschiedener Omiks-Analysen die zukünftige Bekämpfung der vom Protisten Plasmodiophora brassicae verursachten Kohlhernie verbessern könnte. Im letzten Vortrag der ersten Session berichtete Shota Tadano (Dresden), wie Astin C, ein in der Traditionellen Chinesischen Medizin ob seiner antibakteriellen Wirkung geschätztes Pilz-Zyklopeptid, von der Tataren-Aster (Aster tataricus) modifiziert wird.

Grüne Biotechnologie für den Wandel

Anja Taubert (Leipzig) eröffnete die zweite Session und erklärte, warum aus Mikroalgen wie Chlamydomonas reinhardtii gewonnenes Glykolat eine vielversprechende Kohlenstoffquelle für die Biotechnologie darstellt. Ihre Präsentation leitete passend in den Vortrag von Christian Wilhelm (Leipzig) über. Er schilderte, wie er im „Ruhestand“ grüne Biotechnologie zu nutzen gedenkt, um Braunkohle-abhängigen Regionen zu einem nachhaltigen sozio-ökonomischen Wandel zu verhelfen. Nicht zuletzt seine Denkanstöße entließen sämtliche Anwesenden mit viel Diskussionsstoff in die Kaffeepause.

Nach der zum wissenschaftlichen Austausch und der Stärkung mit Koffein, Keksen und Obst genutzten Pause folgten die Anwesenden den Erläuterungen Leander Ehmkes (Halle). Er erzählte von allgemeinen Herausforderungen und persönlichen Erfolgen bei der Isolation importfähiger, invertierter Membranvesikel aus den Mitochondrien von Arabidopsis thaliana. Thematisch passend beschäftigte sich im Anschluss Matthias Reimers (Halle) mit der Frage, wie TatBC-Rezeptoren aus Arabidopsis-Thylakoidmembranen isoliert und in künstlichen Membransystemen rekonstituiert werden können. Auch Julia Rott (Halle) befasste sich mit der Ackerschmalwand, allerdings fühlte sie den unterschiedlichen RNA-Polymerasen in Chloroplasten und deren teils überlappenden Funktionen auf den Zahn.

Die dritte und letzte Session des Tages umfasste vier Vorträge aus Jena. Zunächst erläuterte Vivien Hotter, wie sie die Interaktion zwischen Chlamydomonas reinhardtii und dem Bakterium Pseudomonas protegens mit Hilfe von Licht erforschen will. Im Anschluss stellte David Carrasco-Flores mit Chlamydomonas sp. eine vielversprechende Mikroalge für ein marines Modellsystem vor. Jan Petersen berichtete von Blaulichtrezeptoren in Chlamydomonas reinhardtii, bevor Anja Meents die Session mit einem Vortrag zur Interaktion zwischen Arabidopsis thaliana und diversen Mikropilzen beendete.

Themen aufgreifen und durchdiskutieren

Die Teilnehmenden ließen den Tag beim gemeinsamen Abendessen entspannt ausklingen. Selbstverständlich wurde auch hier keine Gelegenheit ausgelassen, die Vortragsthemen des Tages aufzugreifen und zu diskutieren.
Der Samstagmorgen begann mit einem Vortrag zu Forisomen in Fabaceen und die potentielle Rolle dieser Proteine bei Lausbefall (Maria Paulmann, Jena). Daraufhin stellte Elisabeth Hommel (Jena) ihre neuesten Erkenntnisse zur Bedeutung des Sekundärmetaboliten Ovothiol A in Chlamydomonas reinhardtii vor. Auch Stuti Singh (Jena) schenkte der Grünalge ihre Aufmerksamkeit und berichtete von der Funktion von Polyketidsynthasen. Vor der Kaffeepause zeigte Marcel Kansky (Leipzig) eine zeiteffiziente Methode zur Isolierung von Photosystem II-Komplexen aus der Diatomee Thalassiosira pseudonana und charakterisierte diese.

Im Anschluss an die Gespräche bei Kaffee, Keksen und Obst berichtete Yu Heng Tseng (Jena) von jüngst isolierten Bodenpilzen und ihren teils positiven, teils negativen Einflüssen auf die Stressresistenz der Ackerschmalwand. Alexandra Gurowitz (Halle) konnte die Anwesenden vom Potential der Guttationsflüssigkeit höherer Pflanzen in Bezug auf proteinbiochemische Anwendungsbereiche überzeugen, bevor Severin Sasso, der Nachfolger Christian Wilhelms, allen eine gute Heimreise wünschte.

Alles in allem war die 17. Mitteldeutsche Pflanzenphysiologie-Tagung ein voller Erfolg. So konnten etwa neue Doktoranden*innen die angenehme Stimmung nutzen, um erste Kontakte an andere Institute zu knüpfen, und darüber hinaus Erfahrungen als Fachreferent*in oder Sessionchair sammeln. Nach einer so gelungenen Tagung 2019 freuen sich alle auf ein Wiedersehen in Jena im kommenden Jahr. Das Veranstaltungsteam um Christian Wilhelm dankte der DBG für die finanzielle Unterstützung der Zusammenkunft.

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Im April 2019, Vivien Hotter, Allgemeine Botanik, Uni Jena

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