Für Ihre Ergebnisse über den Photosynthese-Apparat einer Amöbe, die vieles anders macht, erhält Doktor Eva Nowack den mit 2.500 Euro dotierten Wilhelm Pfeffer-Preis der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG). Nowack, die in der Arbeitsgruppe von Professor Michael Melkonian an der Universität zu Köln promovierte, untersuchte die einzellige Amöbe Paulinella chromatophora und ihre Eigenschaft, Energie aus Licht zu gewinnen. Ihre Ergebnisse eröffnen nun einen neuen Weg zu erforschen, wie höhere Pflanzen zur Photosynthese kamen ohne sie selbst zu erfinden.
Bislang war man davon ausgegangen, alle Photosynthese treibenden Lebewesen mit echten Zellkernen (Eukaryoten) hätten diese Fähigkeit vor etwa einer Milliarde Jahre durch Endosymbiose errungen. Dazu verleibten sie sich ein Photosynthese treibendes Cyanobakterium ein – wahrscheinlich im gegenseitigen Einvernehmen. Auch die als Chloroplasten bezeichneten Solarkraftwerke der heutigen Pflanzen entstanden wohl auf diese Weise.
Amöbe macht es anders
Wie Nowack herausfand, macht die Schalenamöbe Paulinella aber einiges anders: Die im Süßwasser lebende Amöbe hat ihre Licht umwandelnde Fähigkeit erst sehr viel später erworben als andere Pflanzen. Außerdem hat sie auch ein völlig anderes Cyanobakterium aufgenommen, als andere Organismen. „Den Beweis hat Nowack durch eine einzigartige Kombination und Vielfalt molekularbiologischer Techniken und durch eigenständige Kooperationen mit anderen Instituten herbeigeführt“, lobt der Leipziger Professor Christian Wilhelm, der Präsident der Wilhlem-Pfeffer-Stiftung der DBG, die den Preis alle zwei Jahre für herausragende Dissertationen verleiht.
Symbiose
Der Bauplan des eingeschlossenen Cyanobakteriums ist wesentlich kleiner als das anderer frei lebender Bakterien, analysierte Nowack. Gleichzeitig ist es aber 5-10mal größer als die Gen-Ausstattung der Chloroplasten. Das Genom enthält alle für die Photosynthese wichtigen Gene, hat aber zahlreiche Gene für die Synthese essentieller Aminosäuren und wichtige Cofaktoren verloren. Diese Grundbausteine müssen nun von der Wirtszelle hergestellt werden. Das eingeschlossene Cyanobakterium ist somit zum Wachsen und Überleben vollständig auf seinen Wirt, die Amöbe, angewiesen.
Evolutionäres Zwischenstadium
„Paulinella ist also ein evolutionäres Übergangsstadium“, ordnet Nowack ihre Ergebnisse ein. „Die Schalenamöbe hat sich unabhängig von anderen, Photosynthese treibenden Einzellern entwickelt.“ Paulinella bietet nun ihr und anderen Wissenschaftlern eine einzigartige Möglichkeit herauszufinden, wie das Einverleiben fremder Organismen vonstatten ging. „Besonders interessant ist die Frage, wie deren Gene über Artgrenzen hinweg integriert wurden, und wie durch den lateralen Gentransfer im Laufe der Evolution stabile, chimäre Lebewesen entstanden“, ergänzt Nowack. Damit wird nun Licht ins Dunkel eines zentralen Schrittes der Entstehung komplexer Lebensformen auf der Erde gebracht.
Den Wilhelm Pfeffer-Preis der DBG erhielt Eva Nowack am 7. September, dem Eröffnungstag der Botanikertagung, aus den Händen von Professor Wilhelm. Die DBG würdigt damit die Forschungsleistung von Nowack und möchte ihrer Karriere Auftrieb verleihen, die sie nun in den USA fortsetzen wird.
Publikationen
Nowacks Doktorarbeit ist im Cuvillier Verlag Göttingen unter dem Titel „Paulinella chromatophora - a Model for the Acquisition of Photosynthesis by Eukaryotes“ erschienen (ISBN 978-3-86727-946-8).
Bild
Eva Nowack prüft eine Kultur der einzelligen Amöbe Paulinella chromatophora. Foto und Copyright: Dr. Björn Podola, Universität zu Köln.
Auflösung: Eva Nowack - Web
Auflösung: Eva Novack - print
Im Mikroskop wird das aufgenommene, grüne Cyanobakterium in der Schalenamöbe Paulinella chromatophora sichtbar. Foto: Eva Nowack, Universität zu Köln.
Auflösung: Paulinella-Web
Auflösung: Paulinella-Print
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Ansprechpartner für die Medien
Dr. Eva C. M. Nowack
Botanisches Institut
Universität zu Köln
Tel: 0221 470-4155
E-Mail: eva.nowack[at]uni-koeln.de
Prof. Dr. Christian Wilhelm
Präsident der Wilhelm Pfeffer Stiftung der Deutschen Botanischen Gesellschaft
Institut für Biologie I,
Universität Leipzig,
Tel: ++49 (0)341 9736874
E-Mail: cwilhelm[at]rz.uni-leipzig.de
Hintergrund
Die Deutsche Botanische Gesellschaft e.V. verleiht seit 1990 den Preis der Wilhelm Pfeffer-Stiftung für eine herausragende Dissertation aus der Botanik. Die DBG fördert die Pflanzenwissenschaften auf nationaler und internationaler Ebene und vernetzt Forscherinnen und Forscher. Der Wilhelm Pfeffer-Preis ist eines der vielen Instrumente, mit denen die Gesellschaft den wissenschaftlichen Nachwuchs fördert.
Pressetext: Dr. Esther Schwarz-Weig, Redaktionsbüro WissensWorte, für die Deutsche Botanische Gesellschaft