Wie sich der Klimawandel auf die Wachstumsperiode von Gehölzen auswirkt
Der Eduard Strasburger-Preis der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG) geht an Dr. Constantin Mario Zohner. Um abschätzen zu können, wie Gehölze auf den Klimawandel reagieren, untersuchte Dr. Zohner wie Temperatur und Tageslänge deren Blattaustrieb im Frühjahr beeinflussen. Denn wenn Bäume und Büsche zu früh ins Jahr starten, riskieren sie Erfrierungen und müssen den energiezehrenden Blattaustrieb ggf. ein zweites Mal beginnen – sofern sie dafür noch Reserven haben. Wie Zohner in seiner Doktorarbeit an Gehölzen herausfand, sind in Asien entstandene Arten sehr temperaturabhängig, auch wenn sie hier wachsen, und reagieren mit einem früheren Blattaustrieb auf steigende Lufttemperaturen. Ihre Blätter werden daher immer früher austreiben, auch wenn sie in Europa oder Nordamerika stehen. Europäische und Nordamerikanische Arten sind dagegen weniger temperaturempfindlich, vermutlich weil sie in der Vergangenheit häufiger Klimaschwankungen ausgesetzt waren. In der Arbeit, die er am Lehrstuhl für Systematische Botanik und Mykologie von Prof. Dr. Susanne S. Renner an der Ludwig-Maximilians-Universität München anfertige, zeigte Zohner zum ersten Mal, dass die einzelnen Blattknospen einen Sensor besitzen. Mit diesem Sensor können sie ihren Blattaustrieb anhand von Temperatur und Licht autonom steuern, auch wenn die Knospen nur wenige Zentimeter auseinander liegen. Dazu hatte der Pflanzenökologe, der inzwischen mit einem Stipendium an der ETH Zürich forscht, an 187 aufeinanderfolgenden Tagen im Freiland stets zur selben Tageszeit die Blattknospen ausgewachsener Bäume verhüllt, um Kurztagesbedingungen zu simulieren. In seinem Vortrag anlässlich der Verleihung des mit 2.500 Euro dotierten und vom Verlag Springer Spektrum gestifteten Preises am 18. September wird Zohner neben den oben genannten Ergebnissen auch neue Ergebnisse präsentieren, wie sich der Klimawandel auf Blattfarbe und Blattabwurf im Herbst bei Bäumen auswirkt. Der vom Klimawandel beeinflusste Blattaustrieb im Frühjahr und Blattfall im Herbst sind wichtige Faktoren, die die Produktivität von Laub- und Mischwäldern beeinflussen und in zukünftigen Modellen zum Klimawandel einkalkuliert werden müssen.
Wie ein manipulatives Eiweiß hilft hochdynamische Ausstülpungen der Plastiden zu untersuchen
Den Wilhelm Pfeffer-Preis der DBG wird Dr. Jessica Lee Erickson für ihre neue Methode entgegennehmen, mit der sich die hochdynamischen Ausstülpungen von Plastiden in gestressten, lebenden Pflanzenzellen untersuchen lassen. Auch wenn diese Ausstülpungen von Plastiden, den von einer Membran umgebenen Zellbestandteilen, seit mehr als 100 Jahren bekannt sind, ist deren Bildung und Funktion noch weitgehend unbekannt. Vermutlich fördern sie den Stoff- und Molekülaustausch zwischen den Organellen, der auch der innerzellulären Kommunikation dienen könnte. Viele Pflanzen bilden die Stromula genannten Formen, die überlebenswichtig scheinen. Um zu untersuchen, wie und warum Stromula gebildet werden, hat Dr. Erickson einer interdisziplinären Doktorarbeit Kenntnisse und Techniken der Biophysik, Bioinformatik, Genetik, Analytik, Biochemie und Zellbiologie miteinander kombiniert. Die Zellbiologin entwickelte am Institut für Pflanzenphysiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bei Dr. Martin Schattat dazu eine neue Untersuchungsmethode als ein Teil ihrer Doktorarbeit. Sie nutzte sogenannte Effektor-Proteine, die normalerweise Krankheitserreger nutzen, um Tomaten- und Paprika-Pflanzen zu ihrem Vorteil zu manipulieren, als Werkzeuge, um die Prozesse der sich innerhalb weniger Minuten verändernden Kanäle, Vesikel und Verformungen in Tabakpflanzen (Nicotiana benthamiana) zu verstehen. Ihre Methode wurde inzwischen von anderen Forschenden auch außerhalb Deutschlands übernommen. Den mit 2.500 Euro dotierten Preis wird Erickson vom Präsidenten der Wilhelm-Pfeffer-Stiftung, Prof. Dr. Christian Wilhelm, in Rostock entgegennehmen. In ihrem Vortrag am 17. September wird sie über die biophysikalischen Grundlagen der Formveränderung von Plastiden sprechen und wie sie Effektoren pflanzlicher Krankheitserreger nutzte, um den Plastiden-Verformungen auf die Spur zu kommen.
Welche Blumenpopulationen bessere Chancen haben, den Klimawandel zu überleben
Dr. Moisés Expósito Alonso erhält ebenfalls einen Wilhelm Pfeffer-Preis der DBG. In seiner Doktorarbeit zeigte er, dass bei Voranschreiten des Klimawandels Populationen der europäischen Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) aus Mitteleuropa eine schlechtere Überlebenschance bei Dürre haben als Populationen aus den nördlichen und südlichen Randgebieten ihrer natürlichen Verbreitung. Dazu kombinierte er Freilandstudien, Populationsgenetik, Gewächshausstudien und entwickelte einen selbst lernenden Algorithmus. Zunächst wählte er mehr als 500 genetisch verschiedene Populationen derselben Art aus dem 1001 Arabidopsis thaliana Genomes Project aus, ließ sie wachsen und setzte diese anschließend einer extremen Dürre im Gewächshaus sowie an Standorten in Tübingen und im spanischen Madrid aus. Populationen, die aus den Randregionen ihres natürlichen Verbreitungsgebiets wie Schweden oder Spanien stammten, überlebten die simulierte Dürre. Er führt dies darauf zurück, dass die Populationen aus den Randgebieten häufiger extremen Wetterbedingungen ausgesetzt waren und sich daher im Laufe ihrer Evolution mehr überlebenswichtige Mutationen in ihrem Erbgut ansammelten, als in Populationen aus der noch „behaglichen“ Mitte des Verbreitungsgebietes. Mit einem eigenen, selbst-lernenden Algorithmus modellierte Dr. Expósito Alonso zukünftige Entwicklungen und fand heraus, dass Populationen aus Zentraleuropa am ehesten aussterben würden, wenn der Regen überraschend wegfallen wird. Expósito Alonso fertigte die Arbeit an der Eberhard Karls Universität und am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen bei Professor Dr. Detlef Weigel, Prof. Dr Oliver Bossdorf und Prof. Dr. Hernán Burbano an. Inzwischen hat sich Expósito Alonso für eine Stelle am Carnegie Institut der amerikanischen Stanford University entschieden, wo er seine Forschung über die Genetik im Klimawandel fortsetzen wird. Den mit 2.500 Euro dotierten Preis wird er vom Präsidenten der DBG eigenen Wilhelm Pfeffer-Stiftung, Prof. Dr. Christian Wilhelm, erhalten.
Welche Faktoren die Entwicklung von zuckerleitenden Geweben regulieren
Dr. Eva-Sophie Wallner erhält den diesjährigen Horst Wiehe-Preis der DBG. In ihrer Doktorarbeit identifizierte sie bis dato unerforschte Proteine als essentielle Faktoren für die Entwicklungsschritte des zuckerleitenden Gewebes in Pflanzen, genannt Phloem. Das Phloem zieht sich aderartig durch die Pflanzen und transportiert Zucker von Blättern zur Speicherung in Früchte und in neue Organe, die Energie zum Wachstum benötigen. Dr. Wallner fand am Centre for Organismal Studies (COS) der Universität Heidelberg unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Greb heraus, dass diese neuartigen als SMXL3, SMXL4 und SMXL5 bezeichneten Eiweiße für die frühen Stadien der Phloem-Entwicklung unerlässlich sind. Obwohl andere Mitglieder der SMXL-Familie durch ein spezielles Hormon abgebaut werden, reagieren SMXL3/4/5 nicht auf dieses Hormon. Diese Unempfindlichkeit ist höchstwahrscheinlich wichtig für eine robuste Bildung des Phloem-Gewebes und somit für das Wachstum der Pflanze allgemein. Durch genetische Studien an der Ackerschmalwand, Arabidopsis thaliana, konnte Dr. Wallner zeigen, dass SMXL3/4/5 mit anderen Eiweißen Komplexe bilden, die wichtige Rollen in der Genregulation spielen könnten. Während das Ausschalten dieser Komplexe zum Absterben der ganzen Pflanze führte, könnte durch eine Konzentrationserhöhung der Ertrag von Nutzpflanzen gesteigert werden. Die Dank ihrer Ausdauer und Kreativität gewonnenen Ergebnisse öffnen daher nicht nur neue Felder für die Grundlagenforschung des Langstreckentransports von Zuckern und Stoffwechselprodukten, sondern auch für die angewandte Forschung. Dr. Wallner wird den mit 2.000 Euro dotierten Horst Wiehe-Preis aus den Händen des Präsidenten der DBG, Prof. Dr. Karl-Josef Dietz, in Rostock entgegennehmen und kommt für ihren Vortrag am 16. September aus den USA, wo sie inzwischen an der Stanford University forscht.