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Nachruf: Professor Peter Sitte (1929-2015)

Peter Sitte. Foto: Wolfdieter Sitte

Die Deutsche Botanische Gesellschaft trauert um sein Ehrenmitglied Professor Peter Sitte, der nach schwerer Krankheit in seinem 85. Lebensjahr am 13. September in Freiburg verstorben ist. Die Pflanzenwissenschaften verlieren mit ihm eine herausragende Persönlichkeit und den Begründer elektronenmikroskopischer Untersuchungen an Pflanzen. In seiner Forschung hat sich Professor Sitte mit der Entstehung pflanzlicher Zellen durch die Evolution und insbesondere Endosymbiosen befasst. Seine Ergebnisse sind in zahlreichen Publikationen und Lehrbüchern wie dem Strasburger veröffentlicht und gelten heute als selbstverständliche Grundlage biologischer Erkenntnis. Durch sein außerordentliches Engagement in zahlreichen Wissenschaftsorganisationen hat Professor Sitte zum Aufbau der Wissenschaftsstruktur beigetragen und die Biologie positiv in der Öffentlichkeit vertreten. In seinem Nachruf beschreibt der Freiburger Pflanzenphysiologe und Kollege Dr. Tim Kunkel welchen wissenschaftlichen Ansatz er vertrat und dass er sowohl philosophische als auch wissenschaftspolitische Diskussionen schätzte.

Peter Sitte wurde am 8. Dezember 1929 in Innsbruck geboren und studierte an der Universität Innsbruck Biologie, Chemie, Experimentalphysik und Philosophie. Diese ungewöhnliche Breite seiner Ausbildung war schon zu damaliger Zeit besonders und prägte sein ganzes weiteres Wirken. Im Alter von 25 Jahren wurde Peter Sitte mit einer wegweisenden Arbeit über den Feinbau der pflanzlichen Zelle promoviert. Nur vier Jahre später habilitierte er sich mit einer weiteren bahnbrechenden Arbeit über die Ultrastruktur von Wurzelzellen der Erbse. Diese Arbeiten waren Grundlage des neuen Fachgebietes „Zellbiologie der Pflanzen“. Konsequenterweise wurde Professor Sitte bereits im Jahre 1959 an die Universität Heidelberg und im Jahre 1966 an die Universität Freiburg berufen. Hier forschte und lehrte er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1994 als Ordinarius für Zellbiologie.

Nicht nur die Kollegen, sondern insbesondere auch die Studierenden haben von seiner breiten Ausbildung und seinem Faible für die Philosophie sehr profitiert. Er vertrat in seiner Lehre einen ganzheitlichen Ansatz und hat auch stets die Konsequenzen wissenschaftlicher Erkenntnis diskutiert. So war Peter Sitte auch beispielgebend mit seinen öffentlichen und wissenschaftspolitischen Vorträgen.

Durch seine große Eloquenz konnte er in seinen Vorlesungen und Vorträgen seine Zuhörerschaft begeistern und bereichern. Mit seinen Lehrbüchern, „Molekulare Grundlagen der Entwicklung“ mit Hans Mohr, „Zellbiologie“ mit Hans Kleinig und das Zellbiologie-Kapitel im „Strasburger“, hat Professor Sitte Generationen von Studierenden begleitet und sie für die moderne Pflanzenforschung begeistert.

Bereits 1969 wurde er Mitglied der Leopoldina, der heutigen Nationalen Akademie der Wissenschaften, und war dort zwanzig Jahre lang, sowohl während der deutschen Teilung als auch in der Zeit der Wiedervereinigung, in leitender Funktion als Obmann tätig. Hier konnte er durch sein diplomatisches Geschick und seinen österreichischen Charme viel Trennendes überwinden helfen. Auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften und die Göttinger Akademie der Wissenschaften konnten auf seinen Rat zählen. Professor Sitte war aber auch Mitglied des Akademischen Rates der Alexander von Humboldt-Stiftung und seit dem Jahr 2000 Ehrenmitglied der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Er diente als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Elektronenmikroskopie und als Gründungspräsident der Gesellschaft für Zellbiologie. Er wurde unter anderem ausgezeichnet mit der Lorenz-Oken-Medaille, der Schleiden-Medaille, der Treviranus-Medaille und dem Miescher-Ishida-Preis. Die Universität Salzburg ernannte ihn zum Ehrendoktor der Naturwissenschaften. Seit 1999 verleiht die Deutsche Sektion der Internationalen Gesellschaft für Endocytobiologie den nach ihm benannten Peter Sitte-Preis für junge WissenschaftlerInnen. Mit seinem Tod verlässt uns ein herausragender Kollege und international bedeutender Wissenschaftler.

Text: Tim Kunkel, Pflanzenphysiologie, Institut für Biologie II, Universität Freiburg

im September 2015

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