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Nachruf: Professor Meinhart Zenk

Meinhart Zenk. Foto: privat

Der Biosynthese des Morphins, die er nicht nur in Pflanzen untersuchte, galt seine wissenschaftliche Leidenschaft. Anfang Juli ist Professor Dr. Dr. h.c. mult. Meinhart H. Zenk gestorben. Seine Ergebnisse über Enzyme, Metabolite und Phytohormone publizierte Zenk in mehr als 400 Artikeln und bewahrte sich stets einen kritischen Blick auf wissenschaftliche Werke, gleichgültig von wem sie stammten. In ihrem Nachruf erinnert Birgit Dräger an einen geschätzten Impulsgeber und Lehrenden, dessen Wirken über die Pflanzenwissenschaften hinausging.
Ein Nachruf von Prof. Dr. Birgit Dräger (Uni Halle)

Meinhart Zenk studierte zunächst Chemie in Erlangen und danach Biologie in München. 1958 erwarb er den Master of Science in Plant Physiology an der Purdue Unversity, Lafayette, Indiana, USA. Schon ein Jahr später promovierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München über die Konjugation des Pflanzenhormons Indolessigsäure. Dr. Zenk verblieb an der Universität München als wissenschaftlicher Assistent und nach der Habilitation 1963 als Privatdozent, bis er 1968 als Professor und auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie an die Ruhr-Universität Bochum berufen wurde. Von 1980 bis 1999 wirkte Zenk als Professor für Pharmazeutische Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1999 wurde er zum Honorarprofessor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bestellt und blieb in dieser Position auch nach seinem Umzug nach St. Louis, wo er 2006 Mitglied und Principal Investigator am Donald Danforth Plant Science Center wurde und gleichzeitig die Ernennung zum Adjunct Professor of Anesthesiology der Washington University erhielt.

Hervorragender und ausgezeichneter Forscher

Für sein wissenschaftliches Werk wurden Herrn Professor Zenk zahlreiche hohe Auszeichnungen und Preise verliehen. Beispielhaft seien die Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und der Maximiliansorden des Freistaates Bayern genannt, ebenso wie seine Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina seit 1983. Von der Leopoldina erhielt Professor Zenk zudem im Jahr 1983 die Kurt-Mothes-Medaille. Weitere deutsche und internationale wissenschaftliche Gesellschaften ehrten Herrn Professor Zenk, zum Beispiel die Gesellschaft Deutscher Chemiker GDCh zeichnete ihn mit der Liebig Gedenkmünze aus, die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft DPhG verlieh die Carl-Mannich-Medaille und von der Phytochemical Society of North America PSNA erhielt er den Phytochemical Pioneer Award. In Anerkennung seiner akademischen Verdienste wurde Professor Zenk zudem mit Ehredoktorwürden der Purdue  University (1991), der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina in Braunschweig (1997), und der Shanghai University of Chinese Medicine (2003) ausgezeichnet.

Morphin-Biosynthese in Pflanze und Mensch

Diese kurze Darstellung des wissenschaftlichen Werdegangs zeigt bereits, dass Herr Professor Zenk ein außergewöhnlicher und hervorragender Forscher und akademischer Lehrer war. An den verschiedenen Stationen seines Wirkens verfolgte Professor Zenk in seiner Forschung ein breites Spektrum an Themen, darunter Enzyme und Metaboliten der Biosynthese von Farbstoffen und Terpenen und die Bildung und Wirkung von Phytohormonen und Signalstoffen wie Methyljasmonat. Wachstum und Wirkstoffbildung in pflanzlichen Zellkulturen waren ebenso Gegenstand seiner Forschungen wie Phytochelatine als Schwermetallakkumulatoren. Im Mittelpunkt seines wissenschaftlichen Interesses stand die Biosynthese von Alkaloiden, besonders der Indol- und Isochinolinalkaloide. Wenn Professor Zenk selbst seinen wichtigsten wissenschaftlichen Beitrag hätte benennen sollen, wäre wohl sein zentrales Thema die Biosynthese von Morphin gewesen. Die Bildung der verschiedenen Opiumalkaloide, besonders aber von Morphin in der Schlafmohnpflanze beschäftigten ihn über Jahre hinweg, und er konnte einzelne Biosyntheseschritte identifizieren. In den letzten Jahres seines Wirkens in Halle und in St. Louis untersuchte Professor Zenk die Bildung des Alkaloids Morphin in Säugetieren und im menschlichen Organismus. Diese Biosyntheseleistung wurde im menschlichen Körper allgemein für nicht möglich gehalten, und es gab zuvor keine überzeugenden Belege für die körpereigene Morphinbildung. Mit isotopenmarkierten Vorstufen und mit enzymatischen Untersuchungen erbrachte Zenk die Evidenz dafür, wie die Bildung von Morphin im Säugetierorganismus katalysiert wird.

Gute Forschung gelobt, schlechte angegriffen

Professor Zenk war Autor von über 400 wissenschaftlichen Publikationen. Sie erschienen in international renommierten Journalen, darunter Nature, Science und die Proceedings of the National Academy of Sciences of the U.S.A. Dabei war Professor Zenks Haltung gegenüber wissenschaftlichen Autoritäten und Dogmen durchaus kritisch. Er griff fehlerhafte und überinterpretierte Arbeiten an, gleichgültig wo und von wem sie erschienen waren. Ebenso uneingeschränkt würdigte Professor Zenk gute Arbeit, auch unabhängig davon, wofür sie gemacht wurde und wer sie machte. Ein Werkstattmechaniker und ein Gärtner erfuhren seine Anerkennung ebenso wie ein Wissenschaftler für Einsatz, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Professor Zenk förderte Nachwuchswissenschaftler und jüngere Kollegen. In den Jahren seiner Tätigkeit in Halle sah er dies als seine wichtigste Aufgabe an. Wer mit ihm zusammen arbeitete, konnte von seinen uneigennützigen Hilfestellungen, von orientierenden Anregungen und Hinweisen und von seiner schier unendlich breiten Erfahrung in allen Facetten der Naturstoffbiochemie profitieren.

Am 5. Juli starb Professor Dr. Dr. h.c. mult. Meinhart H. Zenk im Alter von 78 Jahren in St. Louis, Missouri, USA. Mit dem Tod von Professor Zenk haben die Pflanzenwissenschaften einen Impulsgeber verloren. Kollegen und Freunde weltweit trauern um eine hochgeschätzte Forscherpersönlichkeit und einen einzigartigen Menschen.

Text: Professorin Dr. Birgit Dräger, Martin Luther Universität Halle

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