DBG · Press release

Ausgezeichnet: Endemische Pflanzen in Inseln auf Inseln

Manuel Steinbauer erhält den Wilhelm Pfeffer-Preis 2015 für seine herausragende, theoretische Arbeit zu den Verbreitungsmustern von Pflanzen am 31. August während der Botanikertagung in Freising.
Auf diesem Hochplateau Teneriffas wachsen deshalb so viele Endemiten, weil diese einzigartigen, weit abgelegenen Habitate die Entwicklung ganz spezieller Pflanzenarten förderte. Foto: Manuel Steinbauer
Warum auf den Höhenzügen von Inseln, wie hier auf der Kanareninsel La Palma, viele Endemiten − weltweit nur hier vorkommende Pflanzen – siedeln, hat Manuel Steinbauer herausgefunden. Foto: Andreas Schweiger
Auch auf subtropischen Inseln kann es kalt werden. Ein nächtlicher Eissturm hat im Frühjahr die Triebe eines Spartocytisus supranubius mit Eiskrusten überzogen. Bis zum Mittag ist das Eis geschmolzen und die Pflanzen müssen der prallen Höhensonne trotzen. Foto: Prof. Richard Field.
Viele endemische Arten auf ozeanischen Inseln sind durch von Menschen eingeschleppte Ziegen und Kaninchen bedroht. Auch das Vorkommen von Lotus pyranthus war bei seiner Entdeckung vor wenigen Jahren global auf vier Individuen beschränkt. Seit er streng geschützt wird, hat sich der Bestand wieder erholt. Foto: Andreas Schweiger
Die Gipfelflora von La Palma muss Frost und Eisstürme ebenso ertragen wie Höhenstrahlung und sommerliche Dürre. Hier wächst ein Erysimum scoparium innerhalb des bestandsbildenden Adenocarpus viscosus (Klebriger Drüsenginster). Beide Arten kommen nur auf den Kanarischen Inseln vor. Foto: Andreas Schweiger
Das natürliche Vorkommen des Lotus pyranthus beschränkt sich auf vier Individuen an verschiedenen Standorten auf etwa 1400 m im Kiefernwald von La Palma. Trotz massiver Schutzvorkehrungen ist die Art vom Aussterben bedroht. Foto: Andreas Schweiger

Wilhelm Pfeffer-Preis der DBG geht an Dr. Manuel Steinbauer

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Weil er herausfand, wo auf Inseln besonders viele, nur dort lebende, endemische Pflanzen vorkommen und ökologische Theorien weiterentwickelte, erhält der Biogeograph Dr. Manuel Steinbauer von der Universität Bayreuth den diesjährigen, mit 2.500 Euro dotierten Wilhelm Pfeffer-Preis der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG).

 

Warum bestimmte Arten in einem Ökosystem anzutreffen sind, während sie woanders fehlen, interessiert Ökologen schon lange. Um Theorien der Artverbreitung zu testen, untersuchen Ökologen gerne Inseln, da dort die Zu- und Abwanderungsmöglichkeiten von Arten begrenzt sind. Auf ozeanischen Inseln ist keine großräumige Migration möglich und der Einfluss verschiedener Landschaftsstrukturen tritt stärker hervor. Evolutions- und Artbildungsprozesse lassen sich dort besonders gut studieren.

Steinbauer analysierte die Vegetation und die Verbreitungsmuster von Pflanzen auf ozeanischen Inseln. Diese sind einem ständigen Wandel unterworfen, weil sie nach ihrer vulkanischen Entstehung durch Erosion geschliffen und nach Millionen von Jahren wieder im Meer versinken. In seiner Doktorarbeit identifizierte Steinbauer ein konstantes Muster trotz des steten Wandels: Wer auf den Inseln von der Küste über den Lorbeer- und Kiefernwald bis in die hohen subalpinen Zonen hinaufsteigt findet immer größere Anteile endemischer Arten, also Arten, die es weltweit nur dort gibt. Die vulkanischen Berge der Inseln entpuppten sich aus biogeographischer Sicht als „Insel innerhalb der Insel“. Denn ähnliche Lebensräume sind auf dem Festland nicht an der Küste sondern liegen sehr weit entfernt und isoliert im Landesinneren. Die Ökosysteme in den Hochlagen dieser Inseln sind daher isolierter als Ökosysteme tieferer Lagen. So existieren in den Hochlagen der Inseln viele einzigartige Umweltbedingungen, die spezifische Anpassungen der dort siedelnden Pflanzen erfordern. An diesen Orten entstehen nur dort vorkommende, endemische Pflanzenarten. Auf der Kanareninsel La Palma verdoppelt sich so der prozentuale Anteil endemischer Arten: von etwa 25% im Tiefland auf mehr als 50% am 2.400 Meter hohen Roque de los Muchachos. Ähnliche Ergebnisse fand Steinbauer auf Teneriffa: Im Flachland lebten 30% einzigartige Pflanzenarten und auf dem Berg in mehr als 3.000 Meter Höhe bis zu 65%.

An der Universität Bayreuth verifizierte Steinbauer die Hypothese, dass auch auf anderen Inselbergen größere Anteile einzigartiger Arten anzutreffen sein sollten, je höher man die Berge hinaufsteigt. Er überprüfte die Aussagen etwa mit Vegetationsprofilen, die ihm andere Forscher aus Kreta überlassen hatten. Im zerklüfteten Tiefland von Kreta leben mehr als 1.000 Pflanzenarten, aber nur fünf Prozent waren endemisch. Auf den Gipfeln jenseits von 2.000 Meter leben zwar weniger als 100 Arten von denen aber über 50% einzig auf Kreta anzutreffen sind. „Es war sehr schön zu erkennen, dass die Daten aus Kreta und von anderen Inseln meine Hypothese unterstützten. Sogar noch besser, als die Daten, die ich zuerst in La Palma aufgenommen hatte!“ freut sich Steinbauer. „Die Ergebnisse wären aber ohne intensive Kooperation mit anderen Pflanzenwissenschaftlern gar nicht möglich gewesen“, zeigt sich Steinbauer dankbar für die ihm überlassenen Forschungsdaten.

Auch in den im steten Wandel befindlichen Europäischen Kulturlandschaften fand Steinbauer das typische Muster der Verinselung: Auf den Mauern Fränkischer Burgen sind ebenfalls sehr viel mehr seltene Arten zu finden, als in den sie umgebenden Habitaten.

„Das Schöne an dieser Arbeit ist, dass Manuel Steinbauer die theoretischen Grundlagen dieser Forschungsdisziplin in seiner Dissertation – und damit schon früh in seiner Laufbahn − in einer umfassenden, fast Review-artigen Übersicht zusammentrug und sie mit eigenen Forschungsergebnissen aus acht Veröffentlichungen in anerkannten Fachjournalen untermauert“, begründet der Präsident der Wilhelm Pfeffer-Stiftung, Prof. Dr. Christian Wilhelm, die Auszeichnung von Steinbauers Arbeit. „Die mit einer Vielzahl von wissenschaftlichen Ansätzen nun erweiterte Theorie biogeographischer Prozesse erfreut aber nicht nur Inselbiogeographen sondern wirkt sich auch auf den Naturschutz aus, weil sie noch einmal unterstreicht, wie einzigartig die Lebensgemeinschaften auf bergigen Inseln sind“.

Steinbauer wird den Preis am Montag, den 31. August 2015 während der Botanikertagung in Freising aus den Händen des Präsidenten der der DBG assoziierten Wilhelm-Pfeffer-Stiftung, Prof. Dr. Christian Wilhelm, entgegennehmen. Auf der Tagung stellt der 32jährige seine Ergebnisse vor. Dazu reist er aus dem dänischen Aarhus an, in dem er für die kommenden zwei Jahre forscht.

Titel der ausgezeichneten Arbeit

Manuel J. Steinbauer (2013): “The Effect of Spatial and Environmental Drivers on Patterns in Species Richness and Composition”. Universität Bayreuth
https://epub.uni-bayreuth.de/117/1/Steinbauer-DISS.pdf">https://epub.uni-bayreuth.de/117/1/Steinbauer-DISS.pdf

Bilder

Manuel Steinbauer erhält den Wilhelm Pfeffer-Preis 2015 für seine herausragende, theoretische Arbeit zu den Verbreitungsmustern von Pflanzen am 31. August während der Botanikertagung in Freising.
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Auf diesem Hochplateau Teneriffas wachsen deshalb so viele Endemiten, weil diese einzigartigen, weit abgelegenen Habitate die Entwicklung ganz spezieller Pflanzenarten förderte. Foto: Manuel Steinbauer
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Warum auf den Höhenzügen von Inseln, wie hier auf der Kanareninsel La Palma, viele Endemiten − weltweit nur hier vorkommende Pflanzen – siedeln, hat Manuel Steinbauer herausgefunden. Foto: Andreas Schweiger
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Auch auf subtropischen Inseln kann es kalt werden. Ein nächtlicher Eissturm hat im Frühjahr die Triebe eines Spartocytisus supranubius mit Eiskrusten überzogen. Bis zum Mittag ist das Eis geschmolzen und die Pflanzen müssen der prallen Höhensonne trotzen. Foto: Prof. Richard Field.
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Viele endemische Arten auf ozeanischen Inseln sind durch von Menschen eingeschleppte Ziegen und Kaninchen bedroht. Auch das Vorkommen von Lotus pyranthus war bei seiner Entdeckung vor wenigen Jahren global auf vier Individuen beschränkt. Seit er streng geschützt wird, hat sich der Bestand wieder erholt. Foto: Andreas Schweiger
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Die Gipfelflora von La Palma muss Frost und Eisstürme ebenso ertragen wie Höhenstrahlung und sommerliche Dürre. Hier wächst ein Erysimum scoparium innerhalb des bestandsbildenden Adenocarpus viscosus (Klebriger Drüsenginster). Beide Arten kommen nur auf den Kanarischen Inseln vor. Foto: Andreas Schweiger
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Das natürliche Vorkommen des Lotus pyranthus beschränkt sich auf vier Individuen an verschiedenen Standorten auf etwa 1.400 Höhenmetern im Kiefernwald von La Palma. Trotz massiver Schutzvorkehrungen ist die Art vom Aussterben bedroht. Foto: Andreas Schweiger
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Nutzungsrechte: Die Bilder sind nur freigegeben zur Verwendung in Zusammenhang mit der redaktionellen Berichterstattung über das Thema „Wilhelm Pfeffer-Preis der DBG 2015“ unter Nennung des Urhebers. Für andere Nutzungsformen kontaktieren Sie bitte die Urheber.

Ansprechpartner für die Medien

Dr. Manuel Jonas Steinbauer
Ecoinformatics & Biodiversity
Department of Bioscience
Aarhus University
DK-8000 Aarhus
Dänemark
Tel.: +45-87154329
E-Mail: steinbauer[at]bios.au.dk 
Web: http://pure.au.dk/portal/da/persons/id%2805dd5d16-0eeb-420b-aef7-7f4201a26adc%29.html

Prof. Dr. Christian Wilhelm
Institut für Biologie
Abteilung Pflanzenphysiologie
Johannisallee 21-23
04103 Leipzig
Telefon: +49-341-9736870
E-Mail: cwilhelm[at]rz.uni-leipzig.de
Web: https://biologie.biphaps.uni-leipzig.de/ag/pflaphys/">https://biologie.biphaps.uni-leipzig.de/ag/pflaphys/

Hintergrund

Die Deutsche Botanische Gesellschaft e.V. (DBG) verleiht seit 1990 den Wilhelm-Pfeffer-Preis für eine herausragende Dissertation aus der Botanik. Das Preisgeld in Höhe von € 2.500,- und die Auszeichnung durch die Wilhelm-Pfeffer-Stiftung soll die Karriere junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fördern. Die DBG vertritt die Pflanzenwissenschaften im deutschsprachigen Raum und fördert die wissenschaftliche Botanik auf nationaler und internationaler Ebene. Sie dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken. Die Hauptaufgaben sind die Veröffentlichung des Fachjournals Plant Biology, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie des Gedankenaustausches ihrer Mitglieder auf Meetings und Kongressen. Damit fördert die Gesellschaft, die zu den ältesten botanischen Gesellschaften zählt, auch die interdisziplinäre Arbeit ihrer etwa 850 Mitglieder. www.deutsche-botanische-gesellschaft.de">www.deutsche-botanische-gesellschaft.de

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