Pressemitteilung

Drei ausgezeichnete Pflanzenwissenschaftler

Die Preisträger während der Arbeit (v. links im Kreis): Inês Barbosa, Birgit Oelschlägel und Severin Irl. Fotos: Schwechheimer Lab, Birgit Oelschlägel und Angel Rebolé.

Wo neue Pflanzenarten entstehen, eine Pfeilwinde, die Räuber reinlegt, und wie ein Enzym das Pflanzenhormon Auxin reguliert, sind im Forschungsfokus von Dr. Severin Irl, Dr. Birgit Oelschlägel und Dr. Inês Barbosa. Die drei erhalten die diesjährigen Wissenschaftspreise der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG) für herausragende Nachwuchskräfte. Sie nehmen ihre Auszeichnungen am Dienstag, 19. September, während der Botanikertagung in Kiel entgegen und stellen den mehr als 450 angemeldeten Pflanzenwissenschaftlern ihre jüngsten Forschungsergebnisse vor.

Wo neue Pflanzenarten entstehen

Severin Irl erhält den Eduard Strasburger-Preis der Deutschen Botanischen Gesellschaft. In Freilandstudien und mit mathematischen Modellen untersuchte er, warum Pflanzen an bestimmten Stellen auf der Insel La Palma wachsen und an anderen nicht. Er klärte damit gleichzeitig auf, wo sich neue Pflanzenarten an den artenreichen Biodiversitäts-"Hotspots" herausbilden. Anhand häufiger und seltener, nur dort vorkommender Pflanzen, analysierte er, wie das Klima und der topographische Standort deren Ansiedlung beeinflussen. Irl zeigt, dass es sich lohnt, verschiedene Aspekte der Diversität gesondert zu betrachten. Wie er herausfand überlappen sich nämlich die Hotspots von Artenvielfalt und Artbildung oftmals kaum. Um bei der Ausweisung neuer Schutzgebiete sowohl Hotspots der Artenvielfalt als auch die der Artbildung zu erfassen, sollte auf eine ‚Diversität an Diversitätsindizes’ wertgelegt werden – eine wichtige Erkenntnis für die Praxis. Die Ergebnisse veröffentlichten Irl und Kollegen in der Fachzeitschrift Journal of Ecology. Er fertigte die Arbeit am Lehrstuhl für Störungsökologie bei seiner Doktormutter, Prof. Dr. Anke Jentsch, an und forscht nun als Post-Dok am Lehrstuhl für Biogeografie derselben Universität. Er wird den mit 2.500 Euro dotierten und vom Publisher Springer Spektrum gestifteten Preis aus den Händen des Laudators Prof. Dr. Karl-Josef Dietz, Präsident der Deutschen Botanischen Gesellschaft, entgegen nehmen. Direkt vor der Verleihung präsentiert er seine neuen Ergebnisse dem internationalen Publikum der Botanikertagung.

Reingelegte Futterräuber

Dr. Birgit Oelschlägel erhält den Horst Wiehe-Förderpreis der DBG. In ihrer Doktorarbeit enthüllte sie, welchen Trick die Pfeifenwinde Aristolochia rotunda nutzt, um ihre Bestäuber anzulocken, räuberische Halmfliegen. Dazu täuscht die Blüte den Duft einer Nahrungsquelle der Fliegen vor, die sich ihrerseits von Wanzen ernähren. Um die Wanzen zu finden und an ihnen zu saugen, orientieren sich die Fliegen an dem Duft, den Wanzen im Todeskampf abgeben, wenn sie gerade von einer Spinne oder Gottesanbeterin gefressen werden. Genau dieser Duft wird von der Pfeifenwinden-Blüte nachgeahmt, um die Fliegen zu täuschen und sie in ihre behaarte Kesselfalle zu locken, die sie erst wieder verlassen können, wenn sie die Blüte bestäubt haben. Die Mittelmeerpflanze stellt mit dieser Duft-Mimikry ihre eigene Fortpflanzung sicher. Oelschlägel hat dieses neue Bestäubungssystem bei Pflanzen in den Fachjournalen New Phytologist und Plant Biology beschrieben und damit ein bislang übersehenes Puzzlestück im komplexen Zusammenspiel zwischen Bestäubern und Pflanzen entschlüsselt. Falls ein Glied in dieser Kette angesichts des beobachteten Rückgangs der Insektenvielfalt verschwinden sollte, wäre auch die Pfeifenwinde in Gefahr. Ihre Arbeit fertigte Oelschlägel am Lehrstuhl für Botanik der TU Dresden bei Prof. Dr. Christoph Neinhuis an. Den mit 1.500 Euro dotierten Horst Wiehe-Preis für Nachwuchsforscher wird sie von ihrem Laudator, Prof. Dr. Karl-Josef Dietz entgegen nehmen, dem Präsidenten der DBG. Auch sie wird ihre Arbeit am 19. September den internationalen Fachleuten während der Botanikertagung vorstellen.

Wie Auxin transportiert wird

Inês Barbosas Doktorarbeit wird mit dem Wilhelm Pfeffer-Preis der DBG ausgezeichnet. Wie sie im Labor herausfand, folgt das Enzym D6-Proteinkinase (D6PK) einer hochdynamischen Transportroute in den Zellen und kann auf diese Weise innerhalb weniger Minuten und reversibel beeinflussen, ob das Pflanzenhormon Auxin seine wachstumsfördernde Wirkung entfalten kann oder nicht. Bislang hatte man diese Regulation allein Transportmolekülen zugeschrieben. Diese PIN genannten Transporter werden jedoch selbst von D6PK durch das Anheften von Phosphat-Gruppen reguliert, wie die Portugiesin am Lehrstuhl für Systembiologie der Pflanzen der Technischen Universität München (TUM) bei Prof. Dr. Claus Schwechheimer erstmals zeigen konnte. Erst wenn sich D6PK an der richtigen Stelle in der Zelle befindet, hängt es die Phosphat-Gruppe an, woraufhin der Transporter aktiv wird. Dann kann er das Hormon aus den Zellen ausschleusen, sodass das Auxin an die Nachbarzelle weitergeleitet werden kann, bis es seinen finalen Wirkungsort erreicht, wie Barbosa in den Fachzeitschriften Development und Developmental Cell beschrieb. Weil D6PK so schnell wirkt, kann man sich nun vorstellen, wie Pflanzen diese und verwandte Kinasen einsetzen, um ihr Wachstum schnell an sich änderte Umweltbedingungen anzupassen. Um den komplizierten molekularen Mechanismus zu entschlüsseln, arbeitete Dr. Barbosa mit einer Vielzahl von Methoden, chemischen Inhibitoren, Mutanten und konfokaler Mikroskopie, die sie zu einem klugen Konzept verband. Mit dem Mikroskop konnte Barbosa den exakten Aufenthaltsort des D6PK-Enzyms in lebenden Wurzelzellen bestimmen, manipulieren und direkt Wachstumsänderungen mitverfolgen. Die neuen Erkenntnisse über D6PK und seine Fähigkeit das Richtungswachstum der Modellpflanze Arabidopsis thaliana zu beeinflussen, können nun neue Züchtungen von Pflanzen mit verbesserter Wuchsform ermöglichen. Den mit 2.500 Euro dotierten Wilhelm Pfeffer-Preis nimmt Barbosa aus den Händen von Prof. Dr. Christian Wilhelm entgegen, dem Präsidenten der Wilhelm Pfeffer-Stiftung der DBG. Ihre Ergebnisse stellt sie vor der Verleihung in Kiel vor.

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