News · Forschungsergebnis

Mit der molekularen Schere die pflanzliche Chromosomenzahl verändert

Forschende des KIT haben erstmals die Chromosomenzahl einer Pflanze verringert, indem sie zwei Chromosomen miteinander verschmolzen. Abbildung und (c): Michelle Rönspies, KIT

Ob höhere Erträge, eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Klimaveränderungen oder Krankheiten – die Anforderungen an Nutzpflanzen steigen stetig. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, entwickeln Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) neue gentechnische Verfahren. Mithilfe der molekularen Schere CRISPR/Cas ist es ihnen nun in Zusammenarbeit mit anderen deutschen und tschechischen Forschenden erstmals gelungen, die Chromosomenzahl der Pflanze Arabidopsis thaliana gezielt zu verändern – ohne dass sich das nachteilig auf das Pflanzenwachstum auswirkt. So verringerte das Team um Professor Holger Puchta vom Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) deren Anzahl von zehn auf acht Chromosomen, wie sie im Fachmagazin Science berichten. Um die Chromosomenzahl zu verringern, haben die Forschenden gezielt die beiden Arme eines Chromosoms auf die eines anderen übertragen. So konnten sie zwei Chromosomen zu einem verschmelzen. „In der Evolution kam es bei der Bildung neuer Pflanzenarten öfter zu Veränderungen der Chromosomenzahl“, erklärt Dr. Michelle Rönspies vom JKIP und Erstautorin der Studie. „Wir konnten nun erstmals einen solchen Vorgang im Labor nachbilden". Die Arbeit zeigt, dass sich durch gezielte Veränderungen der Chromosomenstruktur auch die Art und Weise beeinflussen lässt, wie Gene bei der Fortpflanzung neu kombiniert werden. „Das ist besonders für die Pflanzenzüchtung interessant, weil man damit bestimmte Eigenschaften gezielter vererben kann“, sagt Rönspies.

Quelle: KIT
News · Forschungsergebnis

Neuer Super-Schädling vereint breites Mikrobenspektrum

Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus). Foto und (c): Benjamin Weiss, MPI für chemische Ökologie

Die Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus) hat sich innerhalb kurzer Zeit von einem Schilfgras-Spezialisten zu einem gefährlichen Schädling entwickelt, der neben Schilf auch wichtige Kulturpflanzen wie Zuckerrüben, Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln befällt. Dabei lebt sie in enger Symbiose mit sieben verschiedenen Bakterien, von denen zwei Krankheiten übertragen können, die zu erheblichen Ernteausfällen führen. Vermutlich spielen die symbiotischen Bakterien eine entscheidende Rolle bei der Erweiterung des Wirtsspektrums der Zikade. Diese Erkenntnisse könnten künftig dabei helfen, gezielte Bekämpfungsstrategien zu entwickeln, die auf der Beeinflussung der schädlichen bzw. nützlichen Bakterien basieren. Die Ergebnisse der Forschenden des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena und des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Gießen wurden im Fachjournal mBio veröffentlicht.

Quelle: MPI für chemische Ökologie
News · Förderung

Neuer SFB: Was unsere Zellen „triggert“

Der neue DFG-geförderte, interdisziplinäre Sonderforschungsberich (SFB) 1756 Chemical and Biological Principles of Cellular Trigger Responses will erforschen, wie Zellen bestimmte Signale wahrnehmen und verarbeiten. Obwohl die präzise Reaktion auf „Trigger“ wie chemische und physikalische Reize entscheidend für die Lebensfähigkeit und Funktionalität von Zellen ist, sind aktuell noch viele Rätsel um deren Entstehung, Wahrnehmung und Verarbeitung auf molekularer Ebene ungelöst. „Wir möchten in erster Linie herausfinden, wie Zellen Veränderungen in ihrer Umwelt wahrnehmen, wie sie unterschiedliche Trigger verarbeiten, um passende Zellantworten zu generieren, und wie diese Antworten schließlich die Physiologie der Zelle verändern. Außerdem interessieren wir uns dafür, ob wir diese Vorgänge auf molekularer Ebene beeinflussen oder sogar steuern können“, fasst Erika Isono die Hauptziele des neuen SFB zusammen, zu dem sich Chemiker*innen und Biolog*innen der Universität Konstanz zusammengeschlossen haben. Isono ist Professorin für Pflanzenphysiologie und Biochemie an der Universität Konstanz und Sprecherin des SFB 1756. Um diese Ziele zu erreichen, werden die Mitglieder des SFB auch gänzlich neue Werkzeuge und Ansätze in der chemischen Biologie entwickeln und zur Anwendung bringen. „Indem wir die Kernprinzipien zellulärer Trigger-Antworten aufklären, wird unser SFB auf lange Sicht die Grundlage für künftige biotechnologische Anwendungen und neue therapeutische Ansätze legen“, so Isono. Der SFB ist einer der neun neu geförderten SFBs, wie die DFG heute bekannt gab.

Quelle: Uni Konstanz
News · Forschungsergebnis

Wie die Ansiedlung von Erlen das Auftauen arktischer Böden beschleunigt und die Biodiversität der Tundra verändert

Cluster von Frankia Knöllchen-Bakterien um die Erlenwurzeln in der MoHe Region im Nordosten Chinas. Foto und (c): Bin Hu

Wenn sich sibirische Erlen (Alnus hirsuta) auf arktischen Böden ansiedeln, beschleunigt sich das Auftauen dieser Böden durch die Klimaerwärmung. Das zeigt erstmals ein internationales Team um deutsche und chinesische Forschende in Current Biology. Dies kann es auf die ansteigende Wärme durch mikrobielle Stickstofffixierung auf lokaler und Ökosystem-Ebene zurückführen, die wiederum eine erhöhte CO2-Freisetzung und beschleunigtes Abtauen der Böden nach sich zieht. Gleichzeitig wird die Ernährung und Diversität der Vegetation und des Bodenmikrobioms der angrenzenden Tundra verändert.

Quelle: Current Biology
News · Forschungsergebnis

Warum die Landwirtschaft EU-Gelder für Umwelt- und Naturschutz nutzen – oder nicht

Mehrjährige Brachflächen fördern die Biodiversität in der Agrarlandschaft, sind für landwirtschaftliche Betriebe aber finanziell herausfordernd. Foto und (c): Maria Kernecker, ZALF

Ob landwirtschaftliche Betriebe an EU-weit geförderten Maßnahmen für den Natur- und Umweltschutz teilnehmen, hängt maßgeblich von ihren persönlichen Kontakten der Landwirtinnen und Landwirte ab. Um dies zu analysieren, wurden 70 Höfe in Nordwestsachsen befragt – rund ein Viertel aller Betriebe der Region. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass nicht allein finanzielle Anreize entscheidend sind, sondern vor allem der soziale Austausch im Kollegenkreis und die Beratung durch gemeinnützige Organisationen. Wer hier Unterstützung erhält, beteiligt sich deutlich häufiger an Agrarumweltmaßnahmen – ein Hinweis darauf, warum die bisherigen Programme vielerorts nur begrenzte Wirkung zeigen. Das haben Forschende vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und dem Landschaftspflegeverband Nordwestsachsen e. V. im Fachmagazin People and Nature nun dargelegt.

Quelle: ZALF
News · Forschungsergebnis

Verbreitungsgeschichte von Pfefferpflanzen rekonstruiert

Der Schwarze Pfeffer kommt wild nur im Südwesten Indiens vor. Foto und (c): Stephanie Kusma, WSL

Pfeffer (Piper nigrum) besiedelt in den Westghats immergrüne Wälder. Wie sich ihre Verbreitung seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit veränderte, hat der Biologe Michael Nobis von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) nun gemeinsam mit Forschenden aus Indien und Japan mit einem neuen Ansatz untersucht. Dabei stellten sie unter anderem fest, dass sich die Resultate eines dynamischen Artverbreitungsmodells der WSL durch Einbezug genetischer Daten verbessern lassen. Außerdem konnten sie zeigen, dass die Pflanze früher wahrscheinlich deutlich weiter verbreitet war als heute. Veröffentlicht sind die Ergebnisse im Fachjournal Diversity and Distribution

Quelle: WSL
News · Forschungsergebnis

Wie Pflanzen auf Nahrungssuche gehen

Bei Nährstoffmangel können besonders effiziente Pflanzen ihre Wurzelarchitektur ändern und längere, seitlich ausscherende Wurzeln ausbilden. So haben sie einen größeren Radius, um die Nährstoffe aufzunehmen. Foto und (c): Andreas Heddergott, TUM

Am Mikronährstoff Bor hat ein internationales Forschungsteam untersucht, was Pflanzen tolerant gegenüber Nährstoffschwankungen macht. Bor ist einer der zentralen Mikronährstoffe für das Wachstum und die Fruchtbarkeit vieler Pflanzen wird steht jedoch durch Extremwetterereignisse den Pflanzen weniger zur Verfügung. Wie tolerant sie auf diese Schwankungen reagieren, entscheidet mit über die Erträge. Dazu analysierte das Team weltweit 185 Untergruppen von Arabidopsis-Pflanzen und suchte nach Bor-effizienten Typen: Sieben davon – vor allem jene aus Bor-armen Böden Nordeuropas – konnten auch mit wenig Bor gut wachsen. In der Analyse zeigte sich eine Gemeinsamkeit in der Anpassung der Wurzelarchitektur. Wenn wenig Bor vorhanden ist, gehen die Bor-effizienten Pflanzen auf Nahrungssuche: Sie können seitlich ausscherende Wurzeln bilden und vergrößern so ihren Radius zur Nährstoffaufnahme. In ihrer Arbeit identifizierten die Forschenden Genregionen, die für die Bor-Nutzung und Aufnahme in Wurzel und Spross zuständig sind. Diese Erkenntnisse könnten helfen, nährstoffresiliente Pflanzen zu züchten. Die Ergebnisse des Teams um Prof. Patrick Bienert, Professor für Crop Physiology an der Technischen Universität München (TUM) wurden im September im Fachjournal New Phytologist veröffentlicht und heute der Öffentlichkeit präsentiert.

Quelle: TUM
News · Forschungsergebnis

Abhängige Parasiten: Wie Blütenpflanzen Sonne schnorren

Die seltene, parasitische Pflanze aus der Familie der Mystropetalaceae, Hachettea austrocaledonica in Neukaledonien, hat ihr Plastidengenom vollständig verloren. Foto und (c): David Bruy

Bislang galt als unerschütterliches Lehrbuchwissen, dass alle Pflanzen Plastiden besitzen, darunter Chloroplasten für die Photosynthese. Eine neue Studie im Fachjournal New Phytologist zeigt nun erstmals, dass die Pflanzenfamilie Mystropetalaceae ihr gesamtes Plastidengenom verloren hat – bislang ist dies erst bei einer weiteren Blütenpflanzenfamilie dokumentiert. Das internationale Forschungsteam unter der Leitung des Team um Dr. Matthias Jost und Prof. Dr. Stefan Wanke vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt und der Goethe-Universität Frankfurt zeigt, dass das Genom bereits vor 80 bis 100 Millionen Jahren verloren ging und viele für Plastid-Funktionen wichtige Kern-Gene ebenfalls verschwanden. Ein vollständiger Verlust des Plastiden-Genoms war bislang nur von zwei Gruppen bekannt: bei den Rafflesiaceae, zu denen die spektakuläre Titanenwurz (Rafflesia arnoldii) gehört, und bei der Grünalge Polytomella. Nun gibt es also eine zweite Pflanzenfamilie innerhalb der Blütenpflanzen, die Mystropetalaceae, deren Plastidengenom vollständig verloren gegangen ist. Diese Familie umfasst die drei Gattungen Dactylanthus, Hachettea und Mystropetalon, die jeweils endemisch in Neuseeland, Neukaledonien und Südafrika vorkommen. Alle drei sind holoparasitische Pflanzen, also gänzlich von einer Wirtspflanze abhängig. Die Genomanalyse zeigt weiterhin, dass nicht nur das Plastom fehlt, sondern auch viele Gene im Zellkern, die normalerweise Plastid-Proteine herstellen, verloren gegangen sind.

Quelle: Senckenberg