Actualia (engl.) · Conference Report

Flower-like patterns – more than superficial similarity?

Obwohl blütenähnliche Blütenstände morphologisch hinreichend bekannt sind, sind viele Fragen zu ihrer Entwicklung und Regulation noch offen:

  • Wie kommt es zur Blütenähnlichkeit eines Compositenköpfchens?
  • Was steuert die Vergrößerung von Randblüten an bestimmten Positionen?
  • Welche genetischen Regulationsmechanismen liefern einen Erklärungsansatz?

Diese Fragen standen im Mittelpunkt eines informellen, interdisziplinären Workshops, zu dem im Mai etwa 15 Studierende und Forschende am Institut für Spezielle Botanik der Universität Mainz zusammen kamen. Eingeladene Gäste waren Prof. Dr. Przemyslaw Prusinkiewicz (Department of Computer Science, University of Calgary), Prof. Dr. Teemu Teeri und Prof. Dr. Paula Elomaa (beide Department of Agricultural Sciences, University of Helsinki). Damit trafen sich zum ersten Mal Vertreter so unterschiedlicher Fachrichtungen wie Morphogenese, Computersimulation und Entwicklungsgenetik, um ihre Kenntnisse über Randblütenbildung auszutauschen und zu einer Synthese zu bringen.

Stand der Forschung

Randblüten mit deutlichem Blütendimorphismus treten in sechs Verwandtschaftskreisen der Asteriden auf, von denen die Asteraceenköpfchen am besten untersucht sind:

Morphogenetische Untersuchungen zeigen, dass blütenähnliche Blütenstände (Pseudanthien) aus blütenähnlichen (sog. `floral unit´) Meristemen entstehen. Diese sind gegenüber den vegetativen Meristemen derselben Art groß und `nackt´, d.h. sie schwellen zu kugelförmigen Meristemen an, bevor sie durch die Fraktionierung in Blütenmeristeme völlig aufgebraucht werden. Wie in Blütenmeristemen werden auch hier randständige Schauorgane ausgebildet (Claßen-Bockhoff R, Bull-Hereñu K. 2013. Towards an ontogenetic understanding of inflorescence diversity. Annals of Botany 112: 1523-1542).

Mittels Computermodellierung können die Fraktionierungsprozesse simuliert werden. Basierend auf den aktuellen Kenntnissen gerichteten Auxintransportes durch PIN Transportproteine können Ausgliederungsmuster erzeugt, mit morphogenetischen Mustern verglichen und durch Änderung der Parameter an diese angeglichen werden (Prusinkiewicz P, Runion A. 2012. Computational models of plant form and development. New Phytologist, 193(3): 549–569, pdf). Besonders spannend ist die Entstehung der Parastichen (Spirallinien) an den Meristemen der Asteraceeenköpfchen. Derzeit wird mittels Simulation die Hypothese getestet, dass die Information zur Ausgliederung neuer Blütenprimordien von den bereits bestehenden Anlagen ausgeht und dass Zellpolarität und Primordiendichte eine massgebliche Rolle dabei spielen.

Entwicklungsgenetische Untersuchungen am Köpfchen von Gerbera-Hybriden (Asteraceen) weisen darauf hin, dass das begrenzte Wachstum der Gerbera-Meristeme wie in Blütenmeristemen auf dem Verlust von Stammzellen beruht, der allerdings anders als bei Arabidopsis reguliert wird (Uimari A, Kotilainen M, Elomaa P, Yu D., Albert VA, Teeri TH. 2004. Integration of reproductive meristem fates by a SEPALLATA-like MADS-box gene. PNAS 101 (44): 15817–15822). Das Signal zur Randblütenbildung ist noch unbekannt, es könnte sich um Phytohormone (evtl. Auxin), Proteine oder kleine RNA-Moleküle handeln. Wundexperimente deuten auf lokal erzeugte Signale hin (Hernandez LF, Palmer JH. 1988. Regeneration of the sunflower capitulum after cylindrical wounding of the receptacle. Amer. J. Bot. 75(9): 1253-1261), aber auch ein symplastischer Transport von Signalstoffen kann nicht ausgeschlossen werden. Aktuelle Forschungsansätze haben zum Ziel, die Entstehung unterschiedlicher Blütenmorphen im Köpfchen von Gerbera (Randblüten, Röhrenblüten) durch das Zusammenwirken von Genen, die an der Blütenorganidentität (MADS box-Gene) bzw. der Blütensymmetrie (Cyclodea-Gene) beteiligt sind, zu verstehen.

Öffentliches Symposium thematisiert Forschungsansätze verschiedener Disziplinen

Im Rahmen des Workshops wurde am 16. Mai 2014 zu einem öffentlichen Symposium eingeladen, in dessen Verlauf die unterschiedlichen Forschungsansätze vorgestellt wurden:

  • Einführung von Regine Claßen-Bockhoff:
    Ray flowers in angiosperms: linking morphological diversity with developmental genetics and computer simulation
  • Przemyslaw Prusinkiewicz:
    Computational models of floral dimorphism in inflorescences: methods, results, and open problems
  • Teemu Teeri:
    Morphogenetic control of inflorescence development in Asteraceae - more questions than answers
  • Paula Elomaa:
    Evolution and functional diversification of CYC/TB1-like transcription factor genes in regulation of Asteraceae inflorescence architecture

Der Workshop kam relativ kurzfristig während einer Europreise von P. Prusinkiewicz zustande und wurde daher hauptsächlich von Nachwuchswissenschaftlern aus dem eigenen Institut besucht. Im Mittelpunkt des Workshops standen ergiebige Diskussionen zu Fraktionierung und Parastichenbildung, physikalischen Parametern und Formbildung an Meristemen, Signale und Signaltransport in wachsenden Meristemen und Meristemeigenschaften bei Arabidopsis- und Gerbera-Pflanzen.

Workshop bringt die Experten zusammen

Es war nicht immer einfach, die Position fremder Fachdisziplinen zu verstehen, aber die Möglichkeit, nachfragen zu können, und das gemeinsame Interesse, verschiedene Aspekte der Randblütenbildung kennen zu lernen, machten den Workshop zu einem außerordentlich erfolgreichen Gedankenaustausch. Neue, interdisziplinäre Forschungsansätze wurden diskutiert, wie z. B. die Simulation beobachteter Fraktionierungsmuster und deren Interpretation im Sinne der Hofmeister‘schen Blattstellungsregeln, die Notwendigkeit, das Fehlen des WUSCHEL/CLAVATA3 Regulationssystems, das für die Aufrechterhaltung des Spitzenwachstums (Stammzellbildung) in Meristemen sorgt, in Floral Unit Meristemen nachzuweisen, oder die Betrachtung von Fraktionierungsmustern unter dem Aspekt einer autonomen Mustergenerierung.

Die Durchführung des Workshops wurde dankenswerterweise durch Mittel der Deutschen Botanischen Gesellschaft unterstützt.

Bericht von Prof. Dr. Regine Claßen-Bockhoff, Institut für Spezielle Botanik und Botanischer Garten, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Juli 2014

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