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Für die Charakterisierung einer Genvariante, die entscheidet, ob eine Pflanze in Wachstum oder die Abwehr von Krankheitserregern investiert, erhält Dr. Marco Todesco den mit 2500 Euro dotierten Wilhelm Pfeffer-Preis der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG). In seiner Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, betreut von Professor Dr. Detlef Weigel, kombinierte Todesco genetische, physiologische und molekularbiologische Techniken, um zwei Typen der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) zu untersuchen. Anlässlich der Preisverleihung auf der Botanikertagung in Berlin wird der Forscher am 19. September 2011 seine Ergebnisse präsentieren: Er will dabei das Dilemma der Pflanzen aufzeigen, entweder zu wachsen oder sich gegen Feinde zu wehren, was je nach Umwelt Vor- oder Nachteile bringt.
Der Tübinger Wissenschaftler analysierte zwei in der Natur vorkommende Varianten: Er fand Arabidopsis-Pflanzen mit größeren Blättern, die sich solange durchsetzten, bis Krankheitserreger oder Fraßfeinde auftraten. Sobald jedoch Bakterien oder Blattläuse angriffen, überlebten dagegen kleinere Pflanzen. Der Forscher beschrieb als erster, dass sich beide Pflanzentypen in einer Genvariante am so genannten ACD6 Locus unterscheiden. Dieser Teil der Erbinformation enthält einen Bauplan für eine Chemikalie, die der pflanzlichen Immunantwort dient. Wie Todesco zeigte, trugen nur die kleineren Individuen diese Genvariante.
In der Natur sind die resistenten Arabidopsis-Pflanzen über viele Standorte von Europa bis Asien und vom Polarkreis bis Nordafrika verbreitet. Allerdings machten sie jeweils nur 20 Prozent einer Population aus. Wenn keine Angreifer vorhanden sind, werden die wehrhaften Pflanzen nämlich schnell von den großblättrigen Typen verdrängt. „Möglichst resistent zu sein ist also nicht immer die beste Strategie“, erklärt der in Italien geborene Todesco. Zumal die Abwehrkraft mit hohen Kosten erkauft werde, nämlich weniger Nachkommen. Das Dilemma der Pflanzen besteht darin, dass sie die An- oder Abwesenheit von Angreifern nicht vorher sehen kann.
Balance zwischen Resistenz und Biomasse
Diese Ergebnisse sind auch für die Züchtungsforschung interessant: Da Dr. Todesco vom Max-Planck-Institut (MPI) für Entwicklungsbiologie zeigte, dass die Widerstandsfähigkeit und die Biomassenproduktion gekoppelt sind, müssen Pflanzenzüchter die optimale Balance zwischen Ertrag und Resistenz finden.
Todesco untersuchte außerdem, welche Faktoren die Blattentwicklung genetisch steuern. Er beschrieb wie dabei unterschiedliche microRNAs gebildet werden. Diese kleinen Moleküle regulieren wiederum die Aktivität anderer Gene. Gleichzeitig hat Todesco während der Doktorarbeit ein neues molekularbiologisches Werkzeug – die so genannte Zielmimikry (artificial target mimics) – entwickelt. Diese Technik bereichert die Pflanzenforschung um ein Instrument, mit dem in Zukunft die Funktionen dieser mircoRNAs in Pflanzen besser untersucht werden können, weil damit einzelne Gruppen besser zu unterscheiden sind.
Doktor Todesco hat „in beeindruckender Weise moderne biologische Methoden kombiniert, um ein hochgradig komplexes wissenschaftliches Problem experimentell zugänglich zu machen“, begründet Professor Dr. Ralph Bock vom MPI in Potsdam die Auswahl des Pflanzenforschers als Preisträger. „Wir wünschen ihm, dass Todesco einer der ganz Großen der Pflanzenwissenschaften werden wird“, hofft Bock, Vorstandsmitglied der Wilhelm Pfeffer-Stiftung der DBG, welche die Auszeichnung seit 1990 an junge Pflanzenforscher verleiht. Bock wird den Preis im September in Berlin an Todesco überreichen.
Publikationen
Marco Todescos Doktorarbeit trägt den Titel: "Overt and Cryptic Natural Genetic Variation in Arabidopsis thaliana". Einige Ergebnisse der Arbeit sind im Fachmagazin Nature (doi: 10.1038/nature09083) publiziert. Todesco wurde im italienischen Bassano del Grappa geboren, promovierte 2009 am MPI in Tübingen, wo er seitdem als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den schnellwachsenden Typen mit geringer Resistenz und den langsamwachsenden Individuen mit hoher Wehrhaftigkeit forscht.
Bild
Dr. Marco Todesco entnimmt Proben von Arabidopsis-Pflanzen, um zu analysieren, welche die Genvariante zur Abwehr von Mikroben und Fraßfeinden enthalten. Foto: Jörg Abendroth, Max-Planck Institut für Entwicklungsbiologie Tübingen.
Auflösung: Web
Auflösung: Print
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Ansprechpartner für die Medien
Dr. Marco Todesco, Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie
Tel: 07071 601- 1406
E-Mail: marco.todesco[at]tuebingen.mpg.de
Professor Dr. Ralph Bock
Vorstandsmitglied der Wilhelm Pfeffer-Stiftung
Max Planck Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam-Golm,
Tel.: +49 (0)331 567-8700
E-Mail: rbock[at]mpimp-golm.mpg.de
Hintergrund
Die Deutsche Botanische Gesellschaft (DBG) e. V. verleiht den Wilhelm Pfeffer-Preis seit 1990 für herausragende Dissertationen der Pflanzenwissenschaften. Das Preisgeld und die Auszeichnung soll die Karriere junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befeuern. Neben der Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses fördert die DBG die wissenschaftliche Pflanzenforschung national und international und dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken. Ihre Hauptaufgaben sind die Veröffentlichung der Zeitschrift Plant Biology sowie das Abhalten botanischer Kongresse. Damit unterstützt die Gesellschaft, die zu den ältesten botanischen Gesellschaften zählt, den Gedankenaustausch ihrer etwa 850 Mitglieder.
Pressetext: Dr. Esther Schwarz-Weig, Redaktionsbüro WissensWorte, für die Deutsche Botanische Gesellschaft