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Leben und Werk Simon Schwendeners (1829-1919)

Simon Schwendener (1899). © Ber. d. dtsch. bot. Ges. Bd 40

"Im Kampfe um wissenschaftliche Dinge"

"... was mir vorschwebt, ist eine ... anatomisch-physiologische Betrachtung ... welche das ... tote Lehrgebäude der Anatomie durch die Klarlegung der Beziehungen zwischen Bau und Funktion zu ergänzen und neu zu beleben hätte", beschrieb Schwendener das Ziel seiner Forschung.

Erfolg im Kampf

Eigentlich sollte der junge Schwendener den Bauernhof des Vaters übernehmen. Er wurde jedoch erst Lehrer und später ermöglichte ihm ein kleines Erbe ein Studium der Naturwissenschaften an der Universität Zürich. 1856 wurde er dort summa cum laude promoviert. Dies war der Beginn einer über 50 Jahre währenden Wissenschaftlerlaufbahn, auf die Schwendener stolz zurückblickte: "Im Kampfe um wissenschaftliche Dinge bin ich alt geworden, aber in diesem Kampfe habe ich auch Erfolge gehabt."

Bis 80 in Berlin geforscht

Nach der Promotion begann er unter Leitung von Carl Wilhelm von Nägeli den Bau des Flechtenthallus zu untersuchen. Als dessen Assistent arbeitete er in München, wo er sich bald habilitierte. 1876 folgte er einem Ruf als Ordinarius nach Basel und 1877 nach Tübingen. Wieder ein Jahr später ging er nach Berlin, wo er bis zu seinem 80. Lebensjahr wirkte.

"Schwendnerische Einfalt" widerlegt

Schon Schwendeners erste Arbeiten erregten Aufsehen: Er zeigte als erster, daß Flechten Doppelorganismen sind, die aus Pilz und Alge bestehen. Diese damals revolutionäre Auffassung wurde zunächst vor allem von Lichenologen bekämpft: William Nylander sprach sogar von einer "stultitia Schwendeneriana" (Schwendnerische Einfalt [1]). Bald danach aber konnten Barnetzki (1869), Reess (1871), Stahl (1877) und Bornet (1873) Schwendeners Symbiose-Auffassung beweisen.

Neben seinen Studien über die Flechten schrieb er gemeinsam mit seinem Lehrer Nägeli das zweibändige Werk "Das Mikroskop". In Basel folgte "Das mechanische System im anatomischen Bau der Monokotylen" (1874).

Pflanzen mechanistisch betrachtet

Wie Schwendener erkannte, müssen Bau und Funktion des Gewebes, das der Pflanze Halt gibt, zusammenhängen: Die Konstruktion des Gewebes folgt den Prinzipien der Mechanik. Diese ungewohnt mathematisch-physikalische Betrachtung des Lebendigen stiess damals bei manchen Botanikern auf vehemente Ablehnung.

Der Bau der Blattgelenke

Schwendener schritt jedoch auf dem von ihm eingeschlagenen Weg erfolgreich fort. Ihn interessierten vor allem die Mechanismen: Er untersuchte den Bau der Blattgelenke, das Saftsteigen und vor allem die Blattstellung.

Bewegung der Spaltöffnungen

Ausserdem demonstrierte er, wie die charakteristischen Wandverdickungen der Schließzellen in enger Beziehung zur Funktion der Spaltöffnungen stehen. Die Ergebnisse Schwendeners Untersuchungen über den Bewegungsmechanismus der Spaltöffnungen (Amaryllideen-, Gramineen-Typ) sind in alle Lehrbücher der Botanik eingegangen.

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[1] Mägdefrau, K.: "Geschichte der Botanik. Leben und Leistung großer Forscher" (Stuttgart, Gustav Fischer Verlag, 2. Auflage, 1992).

Text und Copyright: Dr. Esther Schwarz-Weig