In einer Zeit, in der persönliche Begegnungen nur auf Bildschirmkacheln stattfinden konnten und die jegliche Planungen immer wieder durcheinanderwarf, entstand die Idee, aus der Not eine Tugend zu machen. Haben online-Formate doch einen unbestreitbaren Vorteil: geographische Entfernungen spielen dabei keine Rolle! Zwar mussten die Teilnehmenden des Workshops auf die so wichtigen und beliebten Gesprächsrunden bei Brezel und Kaltgetränk verzichten, es erwartete sie dafür ein außergewöhnliches Programm mit hochkarätigen Vorträgen internationaler Gäste. Zusätzlich konnten sich Promovierende als Vortragende bewerben. Sechs Bewerbungen wurden für Kurzvorträge ausgewählt und erhielten damit die Chance, ihre Ergebnisse nicht nur den anderen angehenden Wissenschaftler*innen, sondern auch den internationalen Gästen vorzustellen.
Alkaloide, Terpene, Peptide, Sporopollenin und Glucosinolate
Die enorme strukturelle Diversität der pflanzlichen Naturstoffe war ein zentrales Thema aller Vorträge und spiegelte sich auch im Programm wieder. Zu Beginn zeigte Professorin Sarah O'Connor (MPI für Chemische Ökologie) am Beispiel der Monoterpenindolalkaloide auf, wie Omics-Technologien bis hin zur Einzelzellanalyse die Erforschung der Biosynthesewege dieser chemisch extrem komplexen Strukturen revolutionieren. Prof. Jing-Ke Weng (Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, MA, USA) spannte in seinem Vortrag einen weiten Bogen von phenolischen Naturstoffen und Terpenen über verzweigte zyklische Peptide bis hin zum Sporopollenin. Wie lässt sich diese Vielfalt an Strukturen und Funktionalitäten in der Medizin, für biotechnische Prozesse und in Form nachhaltiger Materialien nutzen? Schließlich gewährte Prof. Joseph Jez (Washington University, St. Louis, MO, USA) am Beispiel der Diterpenglykoside aus Stevia-Arten und der Glucosinolate aus Senf-Arten detaillierte Einblicke in Enzymstrukturen und -mechanismen, die die strukturelle Diversität ermöglichen und bedingen.
Die Kurzvorträge aus den Reihen der Promovierenden, die in Dreierblöcken zwischen den Gastvorträgen stattfanden, illustrierten viele der genannten Aspekte und ergänzten weitere Blickwinkel, angefangen von evolutiven Fragestellungen über natürliche Funktionen pflanzlicher Naturstoffe bis zur biotechnologischen Produktion. Auch hier waren die meisten wichtigen Klassen von pflanzlichen Naturstoffen und biosynthetischen Enzymen vertreten.
Resümee
Das Fazit der sechsstündigen Veranstaltung lässt sich in drei Punkten zusammenfassen:
- Es bleibt viel zu tun - die Erforschung pflanzlicher Naturstoffe und ihrer Nutzung erlebt dank der breiter verfügbaren Omics-Technologien auf der einen Seite und der Methoden des Genome Editing auf der anderen Seite einen großen Aufschwung - und die Fan-Gemeinde scheint zu wachsen.
- Auch in Zukunft könnten online-Workshops eine sinnvolle Ergänzung zu den traditionellen Sektions-Workshops darstellen.
- Wir freuen uns schon auf das nächste Treffen, mit echten Menschen, in Präsenz! Unsere Sektion richtet beispielsweise am 30. August 2022 die Session Specialized Metabolism während der International Conference of the German Society for Plant Sciences an der Universität Bonn, der Botanik-Tagung unserer Muttergesellschaft DBG, aus.
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Im Juni 2022
Professorin Ute Wittstock, Institut für Pharmazeutische Biologie der TU Braunschweig, Sprecherin der Sektion Pflanzliche Naturstoffe
und Professor Jonathan Gershenzon, Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena