Geboren wurde Margret Sauter 1959 in Mengen / Baden-Württemberg, wo sie auch ihre Kindheit verbrachte. Ihr Studium der Biologie begann sie 1978 an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. Schon während des Studiums verbrachte sie einige Zeit in den USA an der San Jose State University in Kalifornien. 1984 schloss sie ihr Studium ab und begann in Tübingen ihre Promotion. Während der Diplomarbeit und der Promotion analysierte sie im Labor von Professor Achim Hager mögliche Wechselwirkungen zwischen Calcium und Auxin. 1987 promovierte sie zu diesem Thema und blieb bis 1989 als PostDoc an der Universität Tübingen.
Forschung an Tiefwasserreis, Pflanzenhormone und Wachstumsfaktoren
1989 wechselte sie zum Labor von Professor Hans Kende an die Michigan State University in den USA, das erfolgreich verschiedene Aspekte zu pflanzlichen Hormonen untersuchte. In den 80er Jahren etablierte er die Forschung zum Tiefwasserreis, und Margret Sauter begann in seinem Labor an diesem Modellsystem zu arbeiten. Dieses Forschungsthema ließ sie auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland nicht mehr los. Sie begann 1994 an der Universität Hamburg als Habilitationsstipendiatin zu arbeiten, wo sie 1997 habilitierte. Im Jahre 2003 wurde Margret Sauter als Professorin für Entwicklungsbiologie und Physiologie der Pflanzen an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel berufen, wo sie bis zum letzten Jahr aktiv forschte.
Im Rahmen ihrer langjährigen Forschungstätigkeit widmete sie sich dem Studium des Phänomens des Tiefwasserreises auf zellulärer, hormoneller und molekularbiologischer Ebene. Hervorzuheben sind ihre Arbeiten zu Wachstum und Entwicklung von Adventivwurzeln, wobei sie einen Einfluss mechanischer Kräfte sowie dem programmierten epidermalen Zelltod beobachtete, die 2009 in The Plant Cell sowie New Phytologist publiziert wurden. Bis zuletzt war sie an vielen Aspekten der Forschung zu den Reaktionen von Pflanzen unter Sauerstoffmangel beteiligt und hat mit nationalen und internationalen Wissenschaftler*innen zusammengearbeitet, z.B. Ole Pedersen (Universität Kopenhagen), Mikio Nakazono und Motoyouki Ashikari (Universität Nagoya), Julia Bailey-Serres (Universität Riverside) sowie Markus Schwarzländer (Universität Münster). Als langjähriges Mitglied der International Society for Plant Anaerobiosis (ISPA, jetzt ISPLORE) war sie von Kolleg*innen sehr geschätzt.
Margret Sauter gehörte auch zu den Pionieren im Feld der Peptid-Wachstumsfaktoren. Parallel zur Forschungsgruppe von Professor Yoshikatsu Matsubayashi aus Japan etablierte sie sich im Forschungsfeld der Phytosulfokine. Ihre Arbeiten zu diesem Peptid-Hormon fokussierten sich dabei auf die Analyse des Signaltransduktionsweges auf genetisch-physiologischer Ebene von der Peptid-Rezeptor-Interaktion bis zur Identifizierung von involvierten Transkriptionsfaktoren. Die Wirkung des di-sulfatierten Pentapeptides wurde von mehreren Generationen von Doktorand*innen untersucht und führte zu diversen, weltweit anerkannten Publikationen in The Plant Cell, Plant Physiology sowie Journal of Experimental Botany. Margret Sauter hat mit ihren Arbeiten für die Phytosulfokin-Welt einen großen Anteil am heutigen Verständnis des Signaltransduktionsweges.
Aufgrund ihrer vielfältigen Erfolge in der Forschung gehörte sie ab 2020 dem Fachkollegium der DFG an und war lange Zeit Mitglied des Editorial Boards bei Journal of Plant Growth Regulation und Journal of Experimental Botany. Hierfür war ihre breite wissenschaftliche Ausrichtung hoch angesehen.
Frühe Liebe zur Natur und Förderung von Studierenden aller Länder
Margret Sauters Begeisterung für Flora und Fauna entstand bereits während ihrer Kindheit, die sie gemeinsam mit ihren vielen Geschwistern am liebsten im Freien verbrachte. So lernte sie, wenn nötig, sich durchzusetzen und schreckte auch - ganz untypisch für damalige Zeiten - nicht vor dem Traktorfahren zurück. Das von ihr besuchte Gymnasium Mengen mit Schwerpunkt Naturwissenschaften, welches sie 1978 mit dem Abitur abschloss, bildete den Startpunkt für ihre nachfolgende, beeindruckende Karriere als international anerkannte Biologin.
Als Gruppenleiterin widmete sich Professor Sauter sehr der Förderung von Wissenschaftlerinnen und war bedacht darauf, Frauen, besonders solchen mit Kindern, den Verbleib in der Forschungswelt zu sichern. Hierfür erhielt sie große Anerkennung von Seiten ihrer Gruppenmitglieder. Zudem setzte sie sich für die Gleichberechtigung von Studierenden unterschiedlicher Herkunft ein und nahm oft DoktorandInnen aus dem Ausland, z.B. aus China und Indien, auf, um ihnen die Chance einer Promotion in Deutschland zu bieten. Unter anderem baute sie das Netzwerk Kiel Plant Center an ihrer Universität mit auf. Überhaupt übernahm sie leidenschaftlich gern die Betreuung von Studierenden im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten. Ihr Interesse an den Mitgliedern ihrer Gruppe und deren Wertschätzung ging über das Berufliche hinaus, so freute sie sich beispielsweise über jeden neuen Familiennachwuchs. Für sich selbst trennte sie jedoch das Arbeitsleben klar vom Privaten.
Bis zuletzt Leidenschaft für die Forschung
Margret Sauter hielt stets eine kritische Sicht auf die Forschung und die damit einhergehende Planungen und Ideen, weshalb es in manchen Fällen einiger Überzeugungsarbeit seitens ihrer Mitarbeiter*innen bedurfte, eine bestimmte Projektstrategie zu verfolgen. War dies jedoch gelungen, konnte man sich ihrer vollen Unterstützung sicher sein. Trotz vieler erfolgreicher Kooperationen im Laufe ihrer Karriere zeichnete sich sie eher dadurch aus, gern für sich zu bleiben.
Das chronisch anhaltende Krankheitsbild, welches sie über viele Jahrzehnte begleitete, hielt sie nie davon ab, sich mit größter Begeisterung ihrer Forschung zu widmen. So war sie, trotz ihres sich in den letzten Monaten stark verschlechternden Gesundheitszustands, bis zuletzt leidenschaftlich in eigene Projekte sowie in die Korrespondenz mit ihren Kooperationspartnern involviert, zu denen sie zum großen Teil ein freundschaftliches Verhältnis pflegte. Ihre letzten publizierten Arbeiten wurden noch einmal auf der letzten Tagung „Molekularbiologie der Pflanzen“ im Februar in Hennef vorgestellt, auf der ihr auch eine Session gewidmet war. Wir, die Mitarbeiter*innen ihrer Arbeitsgruppe, die Kolleg*innen mit Schwerpunkt Hypoxie in Deutschland und die internationalen Mitglieder der ISPLORE, sowie alle langjährigen Wegbegleiter*innen bedauern den dennoch überraschenden, zu frühen Tod von Margret Sauter am 2. Januar 2023 sehr und behalten sie in lebhafter und herzlicher Erinnerung.
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Im Februar 2023
Emese Eysholdt-Derzsó (Kiel), Nils Stührwohldt (Hohenheim), Romy Schmidt-Schippers (Bielefeld), Angelika Mustroph (Bayreuth)