Das Studium der Chemie an der Universität Bonn schloss Ulrich Heber 1955 mit dem Diplom ab und entschied sich, zur Promotion an die landwirtschaftliche Fakultät zu wechseln, um an Fragen der Frosttoleranz des Weizens zu arbeiten. Er erkannte die Bedeutung von Zuckern, Aminosäuren und Proteinen und deren subzellulärer Kompartimentierung für die Frosthärtung. An der landwirtschaftlichen Fakultät in Bonn wurde er 1962 habilitiert. Er entwickelte die nichtwässrige Chloroplastenisolierung, um die dynamische Verteilung von Metaboliten zwischen den Chloroplasten und dem Cytosol ex vivo zu messen. Die Veröffentlichungen zur Dynamik des ATP- und ADP-Pools, des Phosphorylierungspotenzials, und des NADP- und NAD-Systems im Stroma und Cytosol im Dunkel-Licht-Übergang sind noch heute wesentliche Referenzdaten (Heber und Santarius, 1965a, b).
Ulrich Heber führte nicht-invasive Messverfahren ein, um den Zustand des Photosyntheseapparats am intakten Blatt zu erfassen. 1969 beschrieb er die Lichtstreuung bei 535 nm als ein Signal, das mit dem Energetisierungsgrad des Photosyntheseapparats korreliert ist (Heber, 1969). Zeitgleich eröffnete die Isolierung intakter Chloroplasten und funktioneller Thylakoide völlig neuen Zugang zu Transport und Regulationsprozessen. Ulrich Heber verbrachte zu dieser Zeit Forschungsaufenthalte an der University of California in Berkeley und an der Carnegie Institution (Stanford). Zwischen 1967 und 1979 war Ulrich Heber Professor an der neu gegründeten Universität Düsseldorf, bevor er 1979 an die Universität Würzburg wechselte.
Schwarze Maschine erweitert Photosynthese-Kenntnisse
Dort baute er seine „schwarze Maschine“, die die parallele Vermessung mehrerer photosynthetischer Parameter wie Chlorophyll-Fluoreszenz, Lichtstreuung und Gaswechsel sowie von weiteren chemischen Eigenschaften wie des subzellulären pH-Werts mittels molekularer Fluoreszenzsonden ermöglichte. Durch Variation der Lichtintensität und Gaszusammensetzung wurden metabolische Aktivitäten wie die Photorespiration unterdrückt oder Aussagen zur Regulation der photosynthetischen Prozesse erhalten. Beeindruckend ist die Liste der Auslandsaufenthalte, die beispielsweise das CSIRO in Canberra (Australien), das Institute of Physical and Chemical Research (Rikagaku Kenkyusho, Japan), das Institute of Plant Physiology of the Soviet Academy of Sciences (Moscow, Soviet Union) umfasst. Heber kooperierte mit vielen führenden Wissenschaftlern wie David A. Walker (ARC Center for Photosynthesis, Sheffield, UK), Kozi Asada (Kyoto University, Japan) und Vladimir A. Shuvalov (Puschino, Russland) zu Themen des zyklischen Elektronentransports, der Photorespiration und der Mehlerreaktion und deren Bedeutung für den Schutz vor Photoinhibition (Heber und Walker, 1992). Zu seinen Lieblingstagungen zählten die jährlich in der Ökologischen Außenstation der Universität Bayreuth stattfindenden und von Erwin Beck organisierten Photosynthese-Rundgespräche im bayerischen Wallenfels, die er bis lange nach der Pensionierung nicht versäumen wollte.
Ulrich Heber verband eine tiefe Freundschaft zu vielen seiner Kooperationspartner; in Würzburg vor allem zu dem Ökologen Otto L. Lange. Gemeinsam arbeiteten er und Lange vor allem an austrocknungstoleranten Flechten und Moosen (Heber et al., 2001) und beide erhielten 1986 gemeinsam den Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Heber erhielt weitere Auszeichnungen: So wurde er 1990 Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, war Ehrenmitglied der Russischen Gesellschaft für Pflanzenphysiologie und Mitglied der Deutschen Botanischen Gesellschaft, erhielt den Lifetime Achievement Award der International Society of Photosynthesis Research und 2014 ‘Bene Merenti in Gold’ der Universität Würzburg. Im Jahr 2002 wurde die Reichweite seiner Publikationen durch die Anerkennung als Highly Cited Researcher gewürdigt (Scientific Citation Index, Thomson Reuters).
Ulrich Heber hat stets zum unkonventionellen Denken und explorierenden Experimentieren aufgefordert und eine große Gruppe an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geprägt, die heute Professuren und Leitungsfunktionen im In- und Ausland vielfach als seine Schülerinnen und Schüler ausfüllen. Er liebte das gedankliche Zusammenführen von scheinbar fernen Beobachtungen zu einem neuen Gedankenkonzept, am liebsten bei einem Glas trockenem, ja saurem Weißwein. Diese Momente des Philosophierens sind für seine Gesprächspartner unvergesslich.
Prof. Dr. Karl-Josef Dietz, Universität Bielefeld, Lehrstuhl Pflanzenbiochemie
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Referenzen
Heber U (1974): Metabolite exchange between chloroplasts and cytoplasm. Annual Review of Plant Physiology and Plant Molecular Biology 25: 393-421.
Heber U (1969): Conformational changes of chloroplasts induced by illumination of leaves in vivo. Biochimica et Biophysica Acta 180, 302.
Heber UW, Santarius KA (1965a): Changes in intracellular levels of ATP, ADP, AMP and Pi and regulatory function of adenylate system in leaf cells during photosynthesis. Biochimica et Biophysica Acta 102, 39.
Heber UW, Santarius KA (1965b): Compartmentation and reduction of pyridine nucleotides in relation to photosynthesis. Biochimica et Biophysica Acta 109, 390.
Heber U, Bukhov NG, Shuvalov VA, Kobayashi Y, Lange OL (2001): Protection of the photosynthetic apparatus against damage by excessive illumination in homoiohydric leaves and poikilohydric mosses and lichens. J Exp Bot 52: 1999-2006.
Heber U, Walker D (1992): Concerning a dual function of coupled cyclic electron transport in leaves. Plant Physiology 100: 1621-1626.