„Eigentlich war geplant …“ – wie häufig haben wir das in den vergangenen Monaten gehört? Es klingt fast wie der Beginn eines Märchens in Corona-Zeiten. Es war einmal … die Idee sich physisch mit der Sektion im September 2020 in Gießen zu treffen, wie regelmäßig alle zwei Jahre. Wir wissen, wie es weitergeht. Absage im März 2020, jeder hatte genug mit sich, der Umstellung auf online-Lehre, Gefährdungsbeurteilungen, Videokonferenzen, Home-Schooling etc. zu tun. Gleichzeitig ist ein Austausch mit den Kollegen so wichtig: Was sind aktuelle Entwicklungen im Fach? Wer hat ein spannendes, neues Projekt? So nutzt man die Erfahrung der Videokonferenzen der letzten Monate und die Unterstützung durch das DFG-Schwerpunktprogramm TAXON-OMICS und die Mitarbeiter des Programms in Bochum (vielen Dank an Jean Sindern!), um ein online-Meeting der Sektion zu organisieren. 11 Abstracts wurden eingereicht von Doktorand*innen bis zu etablierten Professor*innen, von Oldenburg bis München, aus Leipzig, Berlin, Göttingen, Kassel und dem US-amerikanischen St. Louis.
Themen und Trends
Und so fanden sich am 5. Oktober 2021 insgesamt 40 Systematiker und Systematikerinnen vor den Bildschirmen zusammen und genossen ein virtuelles Meeting von vier Stunden. Trotz der geringen Zahl von Vorträgen repräsentierten diese das Spektrum unseres Faches. Phylogenien, Hybridisierung, Biogeographie, Molekular Evolution von Stress-Antworten, Plastiden-Genom-Vergleich, Merkmals-Evolution. So wurden wir unter anderem passend zur Jahreszeit von Prof. Renner (Washington University in St. Louis) in den Indian Summer Nordamerikas geholt und wissen nun, wieso unser Herbst nicht so bunt ist wie der Neu-Englands. Bei den Methoden sind die Stammbäume mit Sanger-Sequenzen verschwunden, die uns 20 Jahre begleitet und die Vorträge dominiert haben. Hochdurchsatz-Sequenzierungs-Methoden dominieren inzwischen.
Aktivitätsbericht
In der Mittagszeit gab es dann die seit einem Jahr überfällige Mitglieder-Versammlung mit Neuwahl der Sprecher*innen. In seinem Rechenschaftsbericht berichtete der Vorsitzende und Autor dieser Zeilen zunächst über die Aktivitäten der vergangenen drei Jahre, die neben der Organisation des Sektions-Meetings und der Organisation des Sektions-Symposiums auf der Botanikertagung (2019 in Rostock), sowie des regelmäßigen Versands von E-Mail-Nachrichten in der DBG-Vorstandsarbeit bestand. So waren in den vergangenen Jahren zwei für die Sektion relevante Stellungnahmen zu Gesetzesinitiativen zu schreiben (Insektenschutzgesetz, Biodiversitäts-Monitoring). Nichtsdestotrotz hätte sich der Autor mehr Aktivitäten gewünscht, wozu ihm allerdings aufgrund vieler Projekte die Zeit fehlte. Daher musste nach 13 Jahren ein neuer Vorsitz gewählt wird.
Sprecher*innen-Wahl
Mit Prof. Dr. Elvira Hörandl aus Göttingen fand sich eine etablierte Kollegin, die deutlich verkehrsgünstiger wohnt, was auch ein Vorteil sein mag, wenn man wieder reisen kann. Da Prof. Alexandra Müllner-Riehl, die gesamten 13 Jahre über stellvertretende Vorsitzende auch nicht wieder kandidierte, wurde mit Dr. Anze Zerdoner Calasan (LMU München) auch ein neuer Stellvertreter gewählt. Dr. Natalia Tkach (Halle) wurde als Stellvertreterin in ihrem Amt bestätigt. Wir wünschen dem neuen Vorstand ein gutes Händchen und viel Erfolg!
Vortragspreise gehen an internationale Nachwuchsforscher
Den Abschluss bildete die Verleihung des durch Dr. Natalia Tkach organisierten Nachwuchs-Vortragswettbewerb. Der erste Preis ging nach Göttingen an Loïc Pittet für seinen Vortrag „Morphological and genetic inconsistency in the hybrid zones of alpine willow species pairs“, der zweite Preis an Luo Chen von der LMU München für „New insights into the phylogeny and character evolution of Podocarpaceae inferred from transcriptomic data“) und der dritte Preis an Jeprianto Manurung (Leipzig) für „Patterns of genetic diversity and bioactive constituents in Lumnitzera mangroves from Indonesia“. Damit gingen alle drei Preise an internationale Doktoranden deutscher Professor*innen. Das zeigt wie international die deutsche Systematik aufgestellt ist.
Doch während ein gutes, altmodisches Märchen mit einem Hochzeitsfest oder zumindest einer glücklichen, physischen Wiedervereinigung endet, gehen die Corona-Geschichten mit dem Drücken des „Meeting verlassen“-Knopfes zu Ende. Wir alle hoffen auf ein physisches Treffen in zwei Jahren in Gießen.
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Prof. Dr. Dirk Albach, Sprecher der Sektion Biodiversität und Evolutionsforschung (2011-2021), Leiter der AG Biodiversität und Evolution der Pflanzen an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg und Direktor des Botanischen Gartens