Vom 11. bis 14. März 2018 fand im Haus der Berge in Berchtesgaden, dem zentralen Informations- und Bildungszentrum des Nationalparks Berchtesgaden, die 17. Tagung der Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft statt. Organisiert wurde sie dieses Jahr gemeinsam von Ao.Prof. Dr. Michael Schagerl (Universität Wien) und Assoz.-Prof. Dr. Andreas Holzinger (Universität Innsbruck). An vier Tagen tauschten sich knapp 100 Teilnehmende aus der Tschechischen Republik, Österreich, Frankreich, Spanien, der Ukraine und Deutschland über aktuelle Forschungsprojekte zu sehr diversen Themen der Algenforschung aus.
Umwelt, Genome und ein fortgesetztes Schwerpunktprogramm
Der Sonntagnachmittag wurde von Vorträgen über Algen der polaren und alpinen Regionen und deren Reaktionen auf Umweltstress wie Temperaturerhöhung und Salinitätsverschiebungen als Effekte des global warming dominiert. Auch Ergebnisse zu ökologischen und taxonomischen Arbeiten wurden vorgestellt. Viele Studien enthielten Genom- und Transskriptom-Analysen in Kombination mit physiologischen Experimenten. Beliebt sind Feldstudien bei vielen Studierenden, die sie in die entlegensten Gegenden unserer Erde nach Grönland oder Spitzbergen, sowie nach Mexiko oder "nur" ganz Europa ziehen. Dabei wurde zu klimarelevanten Themen wie Gletscherschmelze oder auch über invasive Makroalgen wie der verstärkten Einwanderung von Undaria pinnatifida von Ostasien nach Europa berichtet. Prof. Dr. Ulf Karsten konnte zu dieser ersten Sitzung zu polaren Themen berichten, dass das Schwerpunktprogramm SPP 1158 "Antarktisforschung mit vergleichenden Untersuchungen in arktischen Eisgebieten" von der DFG für weitere Jahre bis 2024 gefördert wird.
Physiologie, Metabolom und Metabarcoding
Der Montag stand zunächst ganz im Fokus der Physiologie. Es wurden u.a. Ergebnisse zu Stressreaktionen von Algen auf (Stark-)Licht oder auch Dunkelheit präsentiert. Doch auch ökophysiologische Fragestellungen zu anderen abiotischen Stressfaktoren wie Frost oder Austrocknung wurden adressiert. Im Rahmen der sich anschließenden Präsentation der 27 Posterbeiträge wurde ebenfalls die hohe Diversität der wissenschaftlichen Themen sichtbar. Es wechselten sich taxonomische Beiträge mit biotechnologischen, molekularbiologischen und physiologischen ab. Metabolomische Ansätze wie auch metabarcoding und bioinformatische Methoden wurden dabei verstärkt vorgestellt. Am Nachmittag wurden dann, wieder im Rahmen von Vorträgen, Ergebnisse zu Biodiversitätsstudien und phylogenetischen Fragestellungen präsentiert, bevor am Abend die Mitgliederversammlung der Sektion Phykologie stattfand.
Neuwahl der Vorstandsmitglieder
Auf dieser Sitzung wurde der bisherige Vorstand sowie die Schatzmeisterin entlastet und turnusgemäß ein neuer Vorstand gewählt. In diesem Rahmen wurde auch Prof. Dr. Regine Jahn wurde für ihre langjährige Mitarbeit im Vorstand gedankt.
Prof. Dr. Maria Mittag wurde zur ersten Vorsitzenden gewählt, Prof. Dr. Claudia Büchel zur zweiten Vorsitzende. Assoz.-Prof. Dr. Andreas Holzinger bleibt Schriftführer und Dr. Maike Lorenz bekleidet weiterhin das Amt der Kassenwartin. Die Funktionen der Beisitzer nehmen nun Dr. Thomas Leya sowie weiterhin Dr. Karin Glaser für die Graduierten wahr. Prof. Dr. Peter Kroth vertritt die Sektion Phykologie weiterhin beim europäischen Dachverband, der Federation of European Phycological Societies (FEPS) und die Kassenprüfung übernimmt Dr. Martin Lohr.
Angewandte Algenforschung
Am Dienstagvormittag standen Methoden und Angewandte Fragestellungen, ebenso wie zellbiologische Themen im Mittelpunkt. Die Anzahl der biotechnologischen Beiträge hätte meines Erachtens gerne etwas höher sein können, und nach meiner Erinnerung war sie es auch auf den letztjährigen Tagungen. Woran das liegen könnte? Sind Algen-Metabolite inzwischen wieder weniger interessant für eine industrielle Nutzung geworden? Oder werden solche Projekte aktuell weniger gefördert?
Ökologie und Global Change
Der Nachmittag stand dann wieder ganz im Lichte ökologischer Fragestellungen und dem großen Thema Global Change. Dass unter diesem Aspekt auch die Versalzung vieler unsere Ökosysteme und die Rolle bzw. die Reaktion von Mikro- und Makroalgen darin untersucht wird, war sicherlich nicht ausschlaggebend für die Möglichkeit, am Nachmittag das Salzbergwerk von Berchtesgaden zu besuchen. Beim anschließenden Kongress-Dinner wurden viele der aktuellen Themen sicherlich noch eingehender diskutiert. Dieser Teil der Sektionstagung bietet den jungen Studierenden wie etablierten KollegInnen auch die beste Möglichkeit, mit anderen Studierenden, Betreuenden sowie ProfessorInnen in Kontakt zu kommen, um mögliche gemeinsame Projekte zu planen oder sich zu Forschungsfragen Rat zu holen. Der persönliche Austausch im direkten Gespräch scheint auch im digitalen Zeitalter von Web-Meetings oder E-Mail-Korrespondenz noch unschlagbare Vorteile zu bieten.
Verleihung der Nachwuchs-Preise
Im Rahmen der abendlichen Veranstaltung fanden dann auch die Preisverleihungen und die Vergabe der Ehrenmedaille statt.
Die Preise für die besten Poster gingen dieses Jahr an:
- Vivian Hotter (Universität Rostock) mit einem Beitrag über biologische Bodenkrusten auf Spitzbergen: The vegetation composition along a high arctic moisture gradient with a special focus on biological soil crusts.
- Liv Celin Krämer (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) über frühe Carotinoid-Biosynthesewege in Algen: Investigation of the early carotenoid biosynthetic pathway in algae.
Der Algological Studies-Förderpreis für die beste Präsentation einer Masterarbeit wurde verliehen an Ahn T. (Lina) Van (Freie Universität Berlin) für ihre Forschung zu phylogenetischen Beziehungen einiger Diatomeentaxa innerhalb der Cymbellaceae: Reconsidering the phylogenetic relationships of selected taxa within the Cymbellaceae (Bacillariophyta) with an integrative approach.
Der Pringsheim-Preis für herausragende Doktorarbeiten wurde verliehen an Dr. Miriam Bernard (Sorbonne Universités, Roscoff) für ihre aufklärenden Arbeiten zu Endophyten in der Makroalge Saccharina latissima: Deciphering kelp-endophyte interactions.
Medaille für Verdienste in der Forschung
Die Sektion hatte zudem die Freude, Professor Dr. Christian Wiencke mit der Hans-Adolf von Stosch-Medaille für seine langjährigen Verdienste für die Algenforschung, insbesondere auch für sein Engagement für die Polarforschung auf Spitzbergen und in der Antarktis, zu ehren. Er war und ist für viele Studierenden und etablierte Forschende sicherlich ein wichtiger Mentor gewesen. Die sehr bewegende und begeisternde Laudatio hielt Professor Kai Bischof.
Fazit
Insgesamt ist die sehr hohe Qualität der 27 Poster und 45 Vorträge dieser 17. Sektionstagung Phykologie in der DBG erwähnenswert, die sich meiner Meinung nach im Vergleich zu den Tagungen der letzten Jahre noch einmal deutlich erhöhte. Die nächste Tagung der Sektion Phykologie im Jahr 2020 wird vermutlich von Professor Dr. Burkhard Becker an der Universität Köln organisiert werden.
Im März 2018
Dr. Thomas Leya, Fraunhofer IZI-BB, Potsdam